# taz.de -- Klage wegen Diskriminierung eingestellt: Rassismus im Bus | |
> In Lüneburg beleidigte eine Busfahrerin eine schwarze Deutsche. Die | |
> Betroffene reichte Klage gegen das Busunternehmen ein, die wurde jedoch | |
> eingestellt. | |
Bild: Wer die falsche Hautfarbe hat, sollte bei der Bus-Wahl aufpassen. | |
HAMBURG taz | Die 32-jährige G. wusste erst gar nicht, dass sie gemeint | |
war. "Der Schwadde" rief die Fahrerin einer Lüneburger Buslinie. Die | |
Fahrerin nahm an, dass G. keinen Fahrschein hatte. Erst als die schwarze | |
Deutsche ausstieg, war die Busfahrerin bereit, loszufahren. Beim | |
Amtsgericht Lüneburg hat G. Klage gegen die KVG Stade wegen Diskriminierung | |
eingereicht - auch weil die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen die | |
Fahrerin einstellte. "Ich wurde beleidigt und dann einfach abgewimmelt", | |
sagt G. der taz. | |
Das geschah am 2. August 2010. G. war nach einem beruflichen Termin auf dem | |
Weg zu ihrer Dienststelle an der Leuphana Universität Lüneburg. Am Bahnhof | |
stieg sie in den Bus 5012 der KVG Stade ein. "Alle Türen waren offen", sagt | |
G. Der Bus fuhr jedoch nicht los. | |
Plötzlich, erzählt G., die wegen des Termins im Businesslook gekleidet war, | |
schrie die Busfahrerin mehrmals: "Der Schwadde da", und dann: "Der Schwadde | |
da hat kein Ticket." Verwirrt schauten Fahrgäste sich um, erzählt G. Ein | |
weißer Mann, schwarz gekleidet, ging nach vorn um seinen Fahrschein zu | |
zeigen. Die Fahrerin schickte ihn zurück. "Was wollen Sie denn?", fragten | |
andere Fahrgäste die Fahrerin: "Sie reden doch nicht von der jungen Dame | |
hier?" Doch G. war gemeint. | |
"Der weiß schon genau, dass ich ihn meine, der hat schon so gekuckt, der | |
Schwadde", soll sie weiter gesagt haben. "Sie meinen doch nicht mich", | |
erinnert G. nachgefragt zu haben. Da wusste sie längst, dass sie gemeint | |
war, obwohl die Fahrerin weiter "der" statt "die" sagte. "Ich war die | |
einzige schwarze Person." Verärgert stieg sie aus. | |
Noch am selben Tag stellte G. bei der Polizei in Lüneburg Anzeige wegen | |
Beleidigung. Hier wurde sie auch gefragt, ob sie einen Fahrschein hätte. | |
"Ja" sagte sie und lies ihn kopieren. Die Staatsanwaltschaft stellte das | |
Verfahren jedoch ein, weil in dieser Wortwahl nicht zwangsläufig eine | |
diskriminierende Äußerung zu erkennen sei. Gegen die Entscheidung legte sie | |
Beschwerde ein - ohne Erfolg. | |
Die Generalstaatsanwaltschaft Celle lehnte die Beschwerde im Dezember 2010 | |
ab. "Es liegt keine strafbare Beleidigung vor, weil die Bezeichnung bloß | |
als Zuschreibung einer Person gemeint war", sagt ein Sprecher der | |
Generalstaatsanwaltschaft. Ein schwarz gekleideter Mann fühlte sich ja auch | |
angesprochen. | |
"Es ist skandalös, dass Menschen mit Migrationshintergrund in öffentlichen | |
Verkehrsmitteln immer wieder rassistischen Äußerungen und Unterstellungen | |
ausgesetzt sind", sagt Birte Weiß von der | |
Antidiskriminierungsberatungsstelle in Hamburg. Sie unterstützt die Klage | |
nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (AGG), weil es in Lüneburg | |
keine solche Beratungsstelle gibt. | |
Betroffene berichteten oft von solchen für sie beschämenden Vorfällen, sagt | |
Weiß. "Den Tatbestand von Rassismus und Diskriminierung zu erkennen, ist in | |
der Gesetzlage weiter als die Praxis in der Strafrechtsverfolgung", sagt | |
sie. Wie nötig die Klage ist, so Weiß, zeige das Verhalten der KVG, die | |
sich gar nicht verhielt. | |
"Das ist ein schwebendes Verfahren gegen die Fahrerin", sagt ein Sprecher | |
der KVG der taz. Hier irrt die KVG, entgegnet Weiß. Nach dem AGG hätte der | |
Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Diskriminierungen ausbleiben. Die KVG hat | |
nun die Abweisung der Klage beantragt. Die Busfahrerin bestreitet, | |
"Schwadde" gesagt zu haben. | |
11 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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