# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Die Federn an den Uhren sitzen locker | |
> Die ticken doch alle nicht mehr richtig: Udo Foht vom MDR sowieso, der | |
> "Focus" hat Probleme mit dem Datum und "Spiegel Online" erfindet einen | |
> "Historischen Live-Ticker". | |
Hallo, taz-Medienredaktion! | |
Asche auf meinen Helm! Habe ich diese Plattform doch immer wieder genutzt, | |
um auf die prekäre Lage von freien Journalisten aufmerksam zu machen, auf | |
die indiskutablen Honorare und die Schwierigkeit, davon den Lebensunterhalt | |
zu bestreiten, ist mir völlig entgangen, dass auch der Unterhaltungschef | |
eines öffentlich-rechtlichen Senders Probleme haben kann, seine Miete zu | |
zahlen. Udo Foht, ebendieser beim MDR, ist laut Spiegel Online immer wieder | |
die Miete von 369,94 Euro schuldig geblieben. | |
Da konnte wohl auch das Beraterhonorar von 600 Euro, das Foht für sein | |
Expertenwissen einstreicht, mit dem er dem Fernsehballett zur Seite steht | |
("Warum Oberteile? Nippel-Pasties reichen doch!" Und "Die Peggy soll das | |
Solo tanzen, das hab ich ihr versprochen!") wenig helfen. 369,94 Euro | |
Miete, wo gibt es denn so was? Im tiefsten Osten, nehme ich an, wo man die | |
Kohle für den Ofen beim dorfältesten Neonazi mit der Schubkarre abholen | |
muss. Oder aber: mitten in Leipzig, zwölf Zimmer, dank guter Beziehungen. | |
Egal. Der MDR ist die Fäulnisgrube der ARD, nichts, in das man hineinfallen | |
möchte. Selbst wenn einem Karola Wille leidtun kann, die als Nachfolgerin | |
des Intendanten gehandelt wurde, der nun aber ihre 1985 (!) in der Diktatur | |
gefertigte Dissertation um die Ohren fliegt, in der sie den Sozialismus | |
pries. Nur zur Erinnerung: Alle übrigen, die nach 89 in gute Positionen | |
kamen, haben innerhalb des Zwangsapparats der DDR nie ein lobendes Wort für | |
den Sozialismus gefunden. Die waren alle dagegen. Immer. | |
Etwas eigenartig tickt es allerdings auch dort, wo gedruckt geschunkelt | |
wird. Seit Wolfram Weimer mitsamt seiner "Relevanz!" Focus, den Kessel | |
Buntes aus München, verlassen hat, geht es dort drunter und drüber. Nicht | |
mal mit dem Datum kommt man mehr zurecht. Pünktlich am 13. August lag das | |
Heft mit dem Titel "Der Jahrestag - 11. September" am Kiosk. Da dachte man, | |
die haben sich verdruckt! Haben gar nicht gemerkt, dass aktuell der | |
Jahrestag des Mauerbaus ist und sie vier Wochen zu früh sind! | |
## Historischer Live-Ticker | |
Auch bei Spiegel Online scheinen die Federn an den Uhren locker zu sitzen, | |
wie der "Historische Live-Ticker" beweist. Wer gedacht hatte, ein | |
Liveticker sei ein aktuelle Geschehnisse begleitendes Instrument, wird hier | |
eines Besseren belehrt. Aktuell oder gar lebendig müssen die Ereignisse und | |
Protagonisten eines Livetickers nicht länger sein. Wozu gibt es | |
Vergangenheit? Liveticker "Beate Klarsfeld ohrfeigt Kiesinger", "Elvis live | |
from Hawaii" oder "Auschwitz" - kein Problem! | |
Erstaunlich auch, welches mediale Echo die Studie hervorzurufen vermag, die | |
die Otto-Brenner-Stiftung dieser Tage zur Talkshow-Flut in der ARD | |
veröffentlicht. Erkenntnisse wie "Es wäre wünschenswert, eingefahrene | |
Gleise zu verlassen" und Sendungen auszuprobieren, die, "auf die | |
Zivilgesellschaft zielend, ohne Parteiproporz, mit unvorhersehbaren Gästen, | |
konkreter, forscher, weniger ritualisiert" sind, rocken das Abendland, als | |
seien sie neu. Sicherlich wird das Prinzip "Des Kaisers neue Kleider" aber | |
für die ARD gelten: Eine Studie ist kostenintensiv, deshalb nimmt man sie | |
ernst. | |
Dass diese "Ratschläge" schon seit Jahren manch Denkendem aus der Feder ins | |
Print-Erzeugnis fließen - geschenkt! Schenken lassen möchte ich mir auch | |
etwas. Ein Jahresabo von Curves, dem neuen Magazin über kurvige Straßen. | |
Wegen der Interviews. Jetzt aber stelle ich fest, es gibt gar keine | |
Interviews. Nicht mal kleine. Da warte ich dann doch lieber auf Puddle, dem | |
Magazin über Pfützen, und gebe zurück nach Berlin! | |
16 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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