# taz.de -- Kommentar Ölleck in der Nordsee: PR-Nebel über der Nordsee | |
> Das Ölleck in der Nordsee gehört tatsächlich zu den kleineren Problemen | |
> von Shell. Die Informationspolitik des Unternehmens ist desaströs. | |
Bild: Die norwegische Umweltschutzorganisation Petroleumtilsynet warnte kürzli… | |
Der Öl-Unfall in der Nordsee ist zwar einige Nummern kleiner als die | |
"Deepwater Horizon"-Katastrophe im Golf von Mexiko. Aber der Umgang mit | |
diesem Leck durch den Öl-Multi Shell ist schlimmer als die Leckage selbst: | |
Vertuschen, Kleinreden und rhetorische Nebelwände über die Nordsee legen, | |
so die PR-Strategie des Konzerns. "Shell hat mehr zu bieten als | |
Tankstellen"? Stimmt - eine Informationspolitik aus der Steinzeit. | |
Nie wieder wollen wir hören, dass ein Leck "unter Kontrolle" ist - wir | |
wollen hören, dass es "dicht" ist. Sofern es tatsächlich dicht ist. Und was | |
bedeutet bitte die Redewendung, es gebe kein zweites Leck, das Öl habe sich | |
nur "einen anderen Ausgang" gesucht? Wir verbitten uns auch Mengenangaben | |
zu dem in die Nordsee geflossenen Öl in Barrel. | |
Dadurch wird das Problem zwar 159-mal kleiner als bei Liter-Einheiten, aber | |
mit plumper Arithmetik wurde bisher noch kein Leck gestopft. Öl kann auch | |
nicht "austreten" (zumal es in 100 Meter Tiefe weit und breit kein Klo | |
gibt), es "fließt" in die Nordsee - und wenn es schlimmer wird, schießt es | |
unter hohem Druck heraus. | |
Besonders clever war zudem die Ausrede, man habe die Öffentlichkeit nur | |
deshalb so spät informiert, weil man sich zuerst ein Bild machen wollte. | |
Warum stört eine ehrliche Informationspolitik beim Sich-ein-Bild-Machen? | |
Übrigens: Nicht nur die verehrte Firma Shell, auch der Rest der Welt will | |
sich ein Bild machen. | |
Der Unfall, 15 Monate nach dem "Deepwater"-Desaster, erinnert daran, dass | |
sich nichts geändert hat in der schmierigsten aller Branchen. Es wird | |
weiter rund um den Erdball in irrsinnigsten Tiefen und wertvollsten | |
Ökosystemen nach Öl gebohrt. | |
Von Konzernen, die vor allem ihre Presseabteilungen unter Kontrolle haben. | |
Das eigentliche Problem: Wir verbrauchen Tag für Tag 86 Millionen Barrel | |
Erdöl. Das sind 13,7 Milliarden Liter. Und die leicht zugänglichen Quellen | |
für Nachschub sind perdu. | |
Aber mal was anderes: Wer tankt eigentlich noch bei Shell? | |
18 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Manfred Kriener | |
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