# taz.de -- Fuckparade: Sexy Stadt durch Subkulturen | |
> Bis zu 8.000 Teilnehmer demonstrieren am Samstag lautstark für kulturelle | |
> Vielfalt und Freiräume in der Stadt. Von 20 Wagen dröhnen Drum & Bass - | |
> und politische Botschaften. | |
Bild: Feiernde auf der Berliner Fuckparade 2011. | |
Ein weißgeschminkter Mann mit gelbem Bauhelm und einer baumelnden Gasmake | |
um den Hals bahnt sich den Weg durch die Reinhardtstraße. Es ist voll, fast | |
überall tanzen Leute. Von Wagen hämmert Gabba mit 150 Beats pro Minute, | |
Seifenblasen wiegen sich durch die Luft: Die Fuckparade zieht am Samstag | |
zum 15. Mal durch die Straßen. | |
Bei schönstem Sonnenschein waren am Mittag bis zu 8.000 Teilnehmer | |
gekommen, um für Subkulturen und die kulturelle Nutzung leerstehender | |
Flächen zu demonstrieren - und um zu feiern. Laut Polizei schwankte die | |
Zahl der Raver entlang der Strecke vom Startpunkt vor dem Bunker in der | |
Reinhardtstraße bis zum Endpunkt in der Petersburgerstraße. Die Parade sei | |
"überwiegend störungsfrei" verlaufen, so ein Sprecher. | |
Veranstalter Thomas Rupp läuft entspannt durch die Menge und begrüßt | |
freudestrahlend einige Raver. Im Getümmel erkennt man ihn nur aufgrund | |
seines schwarzen Hutes und der weißen Binde am Arm. Wie der Großteil trägt | |
auch er - dem vermeintlichen Dresscode der Szene gemäß - ein schwarzes | |
T-Shirt. Ab und zu tanzt auch mal ein Paradiesvogel mit aufwendig | |
frisiertem Haar oder Outfit in Neonfarben vorbei. | |
Die Sonne knallt, der Beat drückt: Ausgelassene Stimmung bis die Musik auf | |
den Wagen ausgeht: Vor der Bundesgeschäftstelle der FDP eröffnet Hans | |
Cousto vom Verein "Eve&Rave" die Parade: Er moniert "zu wenige Ateliers, | |
Übungsräume und Orte zum Feiern" und weißt darauf hin, dass jedes | |
leerstehende Gebäude den Steuerzahler viel Geld koste. Aus der Menge kommen | |
vereinzelt Zwischenrufe wie "Halt's Maul und mach die Mucke an!", doch | |
Cousto lässt sich nicht beirren - die Fuckparade soll schließlich eine | |
Demonstration mit politischem Anspruch sein. | |
"Ich bin hauptsächlich wegen der Demo hier", sagt Jakob aus Mariendorf. | |
Steigende Mietpreise, die Diskussion um das Spreeufer und die Verdrängung | |
von Clubs und Bars aus der Stadt seien Themen, die ihn sehr interessieren: | |
"Ich würde eben gerne mal in einem Stadtteil wohnen, von dem man auch | |
Zugang zu allem hat", erklärt der 17-Jährige. Im Hintergrund spricht Gerrit | |
Reininghaus, Vorstandsmitglied beim Archiv der Jugendkulturen, das es sich | |
zur Aufgabe gemacht hat, Jugend- und Subkulturgeschichte zu bewahren. Er | |
erzählt, dass Jugendliche, die im Dritten Reich sogenannte Negermusik | |
gehört hätten, in Lager gesteckt und Comics irgendwann verboten worden | |
seien. "Es ist enorm, was aus Jugend- und Subkultur als Gesellschaft | |
entstanden ist. Ohne uns wäre Berlin alles andere als sexy", sagt | |
Reininghaus. Die Menge reagiert mit tosendem Applaus. "Die Wagen auf der | |
Loveparade waren viel größer und man konnte darauf tanzen", sagt dagegen | |
eine Passantin. Die allerdings gehört mittlerweile eben auch zur | |
Subkulturgeschichte. | |
21 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Benjamin Quiring | |
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