# taz.de -- Studie zu Öko-Strom für Berlin: Schöne neue Energie | |
> Bis 2037 könnte Berlin 60 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien | |
> beziehen. Das belegt eine Studie von Forschern der Technischen | |
> Universität. | |
Bild: Auch die Nutzung von Elektroautos fließt in das Gesamtsystem ein. | |
Berlin könnte schon in 25 Jahren zu 60 Prozent mit kohlendioxidfreiem Strom | |
versorgt werden - das ist die Vision von Wissenschaftlern der Technischen | |
Universität (TU). Sie haben berechnet, dass ein solcher Umstieg bis zum | |
Jahr 2037 realisierbar wäre, pünktlich zum 800. Geburtstag der Stadt. Die | |
Voraussetzung: ein Maßnahmenbündel aus intelligenten Netzen, Stromsparen | |
und dezentralen Kraftwerken. "Die Ergebnisse lassen sich auf andere | |
Metropolen übertragen", sagte Kai Strunz, Professor für Energienetze an der | |
TU, am Montag. Dabei seien die Einsparungen, Umwandlungen und der | |
Netzausbau unabhängig von der jeweiligen politischen Gemengelage: "Es geht | |
vor allem darum, was Verbraucher tun können." Die Untersuchung wurde von | |
Vattenfall und Siemens mit insgesamt 140.000 Euro bezuschusst. | |
Kern der These ist die Einführung intelligenter Stromnetze: Sie sollen | |
Erzeuger und Verbraucher besser aufeinander abstimmen und so verhindern, | |
dass regenerativ erzeugte Energie verpufft (weil sie gerade nicht gebraucht | |
wird) oder Verbraucher im Dunkeln sitzen (weil gerade kein Strom da ist). | |
In ein solches Management müsste erst einmal investiert werden - wie hoch | |
die Kosten genau sind, ist allerdings unklar, da die Umrüstung von Geräten | |
und Gebäuden einfließt. | |
Auch die Nutzung von Elektroautos fließt in das Gesamtsystem ein. Strunz | |
prognostiziert, dass sie ihre Energie vor allem aus Wind- und Solarstrom | |
beziehen. Der CO2-Ausstoß könnte durch cleveres Batterie-Management um | |
knapp 14 Prozent sinken. Beispielsweise könnte ein E-Auto zur morgendlichen | |
Fahrt ins Büro "vollgetankt" bereitstehen, sich tagsüber auf dem Parkplatz | |
aufladen, um abends wieder zur Heimfahrt bereit zu sein. | |
Dezentrale Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung, die zu einem virtuellen | |
Kraftwerk geschaltet werden, ergänzen das Szenario. Effizientere | |
Kühlschränke, Klimaanlagen und Computer unterstützen die | |
Energiesparmaßnahmen. Außerdem gehen die Forscher davon aus, dass auf 30 | |
Prozent der nach Süden ausgerichteten, schattenfreien Dächer Solaranlagen | |
stehen. Ein dicker Spar-Batzen kommt von der Gebäudesanierung: Um bis zu 50 | |
Prozent lasse sich der Energiebedarf von Häusern senken. | |
Gerade der Umbau von Gebäuden indes ist in Berlin umstritten: Für Mieter | |
nämlich wird es erst einmal teurer. Wie die Energiewende sozial abgefedert | |
werden kann, ist strittig. Auch sonst sind die Wissenschaftler deutlich | |
visionärer als die Politik: Das Energiekonzept des Landes reicht nur bis | |
2020. Und das geplante Klimaschutzgesetz, das den Fahrplan für ein | |
"saubere" Metropole abbilden sollte, ist gescheitert. Strunz bekannte | |
indes, dass die wichtigsten Weichen vom Bund gestellt werden müssten - etwa | |
durch höhere Zuschüsse für Netzforschung und Ausbau der Fotovoltaik. | |
Vattenfall schätzt den täglichen Energiebedarf Berlins derzeit auf 2.500 | |
Megawatt; ein Viertel davon wird heute CO2-frei erzeugt. Die TU-Forscher | |
gehen davon aus, dass der Stromverbrauch nicht weiter steigt, sondern bis | |
2020 um zehn Prozent gegenüber 2008 sinkt. Reine Vision sei das nicht, so | |
Strunz: "Es gibt schon mehr, als man glaubt." Auch sei vieles von dem, was | |
vor zehn Jahren Versuchscharakter hatte, heute normal. | |
22 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Kristina Pezzei | |
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