# taz.de -- Kommentar Dissens in der CDU: Wulff und Co stützen die Kanzlerin | |
> Der Unernst ihres Auftritts verrät, dass die parteiinternen Kritiker der | |
> Kanzlerin den Ernst der Lage kennen. Sie verzichten auf eigene | |
> Vorschläge, weil Merkels Linie alternativlos ist. | |
Steht die Union vor einem Machtkampf? So könnte es aussehen. Denn jetzt | |
melden sich nicht mehr nur Hinterbänkler zu Wort, um darzulegen, dass sie | |
den Eurorettungsschirm ablehnen. Plötzlich stellt sich auch CDU-Prominenz | |
vor die Mikrofone, um das Euroengagement der Kanzlerin zu beklagen. | |
Jüngster Neuzugang unter den Kritikern ist Bundespräsident Christian Wulff. | |
Er warf "der Politik" vor, dass sie sich "am Nasenring durch die Manege" | |
führen lasse. Das waren harsche Worte, die sich erkennbar gegen Kanzlerin | |
Angela Merkel richteten, obwohl sie nicht namentlich erwähnt wurde. Dennoch | |
blieb eine bemerkenswerte Leerstelle in dieser Rede des Bundespräsidenten: | |
Es war nicht zu erkennen, was Wulff stattdessen konkret vorschlägt. | |
Deutlich war nur, was er nicht will. So soll die Europäische Zentralbank | |
keine Staatsanleihen aufkaufen. Auch behagt Wulff der europäische | |
Rettungsschirm nicht wirklich. Doch wenn es diese beiden Instrumente nicht | |
gegeben hätte, wäre der Euro längst auseinandergeflogen. Vor dieser | |
Konsequenz zuckt Wulff dann doch zurück: Die Währungsunion scheint er | |
erhalten zu wollen. | |
Ähnlich unverbindlich äußern sich auch die anderen Eurorebellen in der CDU. | |
Auch sie beschränken sich darauf, abzulehnen, was sie nicht möchten. Eine | |
eigene Lösung fehlt. Damit ist jetzt schon klar, wie der Machtkampf in der | |
Union ausgeht: Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble werden sich | |
durchsetzen. Die Eurokrise ist ja nicht eingebildet, sondern höchst real - | |
und irgendwer muss sie lösen. | |
Das wissen auch die Rebellen. Gerade der Unernst ihres Auftritts verrät, | |
dass sie den Ernst der Lage kennen. Sie verzichten auf eigene Vorschläge, | |
weil Merkels Linie alternativlos ist. Denn die Kanzlerin macht ja schon | |
jetzt nur das Minimalprogramm, um den Währungskollaps zu verhindern. Es | |
wäre eine glatte Fehlinterpretation, dass die Kanzlerin in der Eurozone | |
vorprescht. Stattdessen bremst sie, solange sie kann. Wer noch weniger | |
Kompromisse eingehen will als Merkel, der muss deutlich sagen, was er will: | |
das Ende des Euro. | |
Davor aber schrecken die Kritiker zurück, denn die Schäden für die deutsche | |
Wirtschaft dürften weit über 500 Milliarden Euro betragen. Daran will | |
niemand in der CDU schuld sein. Also wird unverbindlich der Unmut der Basis | |
bedient - auf dass Merkel weiterregieren kann. | |
24 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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