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# taz.de -- "Konspirative Küchenkonzerte" auf ZDF.Kultur: Alkohol mit Eiweißp…
> Ab dem 27.8. sendet ZDF.Kultur (22.00 Uhr) die "Konspirativen
> Küchenkonzerte" und holt endlich mehr Anarchie ins Fernsehen. Unser Autor
> war beim Dreh dabei.
Bild: Zum Glück sind die Drinks meist on the rocks und der stumme Diener Enno …
HAMBURG taz | Das schöne an Marco Antonio Reyes Loredos (MARL) Küche ist,
dass er wirklich so heißt. Und die Gäste nie wissen, was sie erwartet.
Außer Essen natürlich, aber selbst diese Erwartung geht heute voll in die
Hose. Denn MARL ist zwar im ganz wörtlichen Sinne Host, also Gastgeber und
Moderator der "Konspirativen Küchen-Konzerte" (KKK). Nur zu Essen gibt es
in seiner zum neidischwerden großen Wohnküche in Hamburg-Wilhelmsburg heute
leider gar nichts. Denn die Spielregeln der "KKK" verordnen dem gelungenen
Abend eine Band - plus bildenden Künstler.
Der heißt zum Auftakt der neuen "KKK"-Saison Christoph Faulhaber, firmiert
in der taz üblicherweise als Projektkünstler, und versucht sich heute an
der Kombination von harten Drinks und Eiweißpillen. "Testo Booster mit
Jamaicarum und Zimtprise" - aber Faulhaber geht eben dahin, wo es weh tut.
Mit einem seiner Kunstprojekte, bei dem er angebliche Sicherheitsleute vor
US-Botschaften aufziehen ließ, hat er schon mal das FBI angelockt.
Allerdings hilft es gar nichts, dass die Küche liebevollst mit
Body-Building-Magazin-Covern dekoriert ist und überall Schraubdoseneimer
mit Muckimann-Kraftfutter rumstehen. Es schmeckt muffig, klebrig und
knallt. Womit wir bei "Kreisky" währen, einer Combo, die den (Un-)Geist des
legendären österreichischen Bundeskanzlers (SPÖ) in ihren Texten
weiterleben lässt, den Wiener Schmäh stolz auf der Zunge trägt, und sich
auch sonst angenehm wenig ernst nimmt.
##
## Gelebte TV-Anarchie
Macht alles keinen Sinn, aber Spaß, und das ist das Konzept, mit dem die
"Küchenkonzerte" zwei Jahre nach ihrer Gründung und einer beachtlichen
Karriere in den offenen Kanälen von Garmisch bis Kap Arkona jetzt im
richtigen Fernsehen angekommen sind. Oder zumindest im
digital-runderneuerten ZDF-Kulturkanal. Das ist eine Leistung, für die
"KKK"-Truppe aus selfmade-FernsehmacherInnen um den Halbbolivianer MARL.
Aber vielleicht sogar noch mehr für das ZDF, das sich hier plötzlich
zumindest digital etwas traut. Bevor jetzt übrigens Privatfernsehagenten
beleidigt greinen, dass hier der öffentlich-rechtliche Moloch mal wieder
sein müdes Haupt erhebt und sie so eine Sendung auch wollten: Nein, wollt
ihr nicht!
Denn "KKK" ist gelebte TV-Anarchie mit hochkulturell-klassischem
Hintergrund - mehr als die Hälfte des Teams stammt aus unerfindlichen
Gründen aus Weimar. Im Publikum wird über die Hitze in der Küche gemotzt,
die angeblich noch ein bisschen heißer als sonst ist, weil es dank ZDF
jetzt mehr Scheinwerfer gibt.
Alles schwitzt, zum Glück sind die Drinks meist on the rocks und der stumme
Diener Enno in seinem Element: Er mixt und schweigt. Dann folgt Getränk auf
Lied und Lied auf Getränk und irgendwann weiß man nicht mehr ganz so genau,
ob Faulhaber nicht insgeheim doch auf eine "Red Bull verleiht
Flügel"-Kommerzkarriere mit seinem Gesöff hofft. Egal, MARL, der mit seinem
Küchenkonzerten schon im vergangenen Jahr für den bekannten Fernseh-Preis
aus der gleichnamigen Stadt nominiert war, kann das nicht erschüttern:
Souverän quatscht er peinliche Austastlücken seiner Gäste zu, und später,
draußen am kongenial in den TV-Zauber eingebauten realen Lagerfeuer, das im
Küchengärtlein lodert, umflort ein Hauch von Poesie die Runde. Drinnen wird
derweil gelüftet.
Dann wird der vierte Drink, quasi zum Dessert, angesagt: wieder Alk mit
Eiweißpulver, diesmal sogar warm. Geht es wirklich immer noch schlimmer?
Bevor sich die Antwort in einer weißen, dampfenden Tasse im
Jugendherbergsdesign einstellt, gelingt die Flucht nach draußen. Selten hat
das Bier - Marke Astra - so gut geschmeckt.
26 Aug 2011
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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