# taz.de -- Ausbildungsstart in Berlin: Im ersten Anlauf klappt es selten | |
> Zum Ausbildungsstart bleiben viele Lehrstellen in Berlin unbesetzt. Dass | |
> die sinkende Qualifikation der Schulabgänger schuld daran ist, bestreiten | |
> Bildungsexperten. | |
Bild: Egal ob die Azubi-Anwärter in der Schule gut aufgepasst haben oder nicht… | |
Auch dieses Jahr werden viele Jugendliche auf der Suche nach einem | |
Ausbildungsplatz leer ausgehen. Laut der Berlin-Brandenburger | |
Regionaldirektion der Arbeitsagentur stehen zum Ausbildungsstart weniger | |
als 14.000 Plätze zur Verfügung, gut 3.000 davon sind noch unbesetzt. Dem | |
stehen 5.676 gemeldete Jugendliche ohne Ausbildungsplatz gegenüber. | |
Versprochen hatte die Berliner Wirtschaft für dieses Jahr 15.000 | |
Lehrstellen. | |
Ronald Philipp, Sprecher der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin | |
und Brandenburg (UVB), sagte der taz, wegen des demografischen Wandels und | |
des Fachkräftemangels könne kein Betrieb auf Auszubildende verzichten. Dass | |
trotzdem Lehrstellen unbesetzt und Jugendliche ohne Ausbildung bleiben, ist | |
paradox, aber nichts Neues, so Stefan Nowack, Projektleiter des Vereins | |
Arbeit und Bildung: "Das Durchschnittsalter für den Einstieg in die | |
Ausbildung ist bundesweit das 19. Lebensjahr." Es liegt also viel Leerlauf | |
zwischen Schulabschluss und Antritt einer Lehre. | |
Aus Sicht der Unternehmensverbände ist die mangelnde Qualifikation vieler | |
Berliner Jugendlicher der Grund für die unbesetzten Lehrstellen. Sie sehen | |
die Politik in der Verantwortung, Jugendliche für den Ausbildungsmarkt fit | |
zu machen. Dem stehen Einschätzungen von Experten für den Ausbildungsmarkt | |
entgegen: "Wenn die Argumente der Wirtschaft stimmen würden, hätte das | |
Bildungssystem ja komplett versagt. Fakt ist: Auch Jugendliche mit | |
durchschnittlichen Schulabschlüssen kommen nicht beim ersten Anlauf in eine | |
Ausbildung", sagt Nowack, der seit mehr als 30 Jahren im Bereich der | |
Berufsberatung tätig ist. Auch Kai Maaz, Professor für | |
Bildungswissenschaften an der Uni Potsdam, bestätigt die Kritik aus der | |
Wirtschaft nicht. Mit den PISA-Berichten von 2000 bis 2009 liege eine | |
langfristige Analyse der Bildungssituation vor, die beispielsweise einen | |
Rückgang der Lesedefizite bestätige. Sprich: Statistisch lässt sich eine | |
schlechtere Qualifikation der Schulabgänger nicht belegen. | |
Kerstin Liebich (Linke), Staatssekretärin für Integration und Arbeit, sieht | |
die Situation entspannter, als es die Zahlen der Arbeitsagentur nahelegen. | |
Laut ihren Angaben konnten in diesem Jahr knapp 46.000 Jugendlichen 48.000 | |
Angebote zum Übergang in den Beruf gemacht werden. Unter diese Zahlen | |
fallen jedoch auch berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen und | |
Einstiegsqualifizierungen. "Obwohl das Angebot prinzipiell ausreicht, ist | |
das Ziel, jedem Jugendlichen ein betriebliches Angebot unterbreiten zu | |
können", sagt Liebich. | |
Burgunde Grosse, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Berliner | |
SPD-Fraktion, erkennt Verantwortlichkeiten auf beiden Seiten. Jugendliche | |
müssten eben auch Ausbildungsplätze in Betracht ziehen, die nicht so | |
gefragt seien. Doch auch für sie steht fest: "Die Wirtschaft ist in der | |
Bringpflicht." | |
5 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Werner Krause | |
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