# taz.de -- Satte Gewinne nach 9/11: Im Rhythmus der Kriege | |
> Geldsegen für eine ganze Region: Nach dem 11. September boomte in den | |
> Hampton Roads an der Ostküste der USA das Geschäft mit dem Krieg. | |
Bild: USS Roosevelt in voller Fahrt. | |
NORFOLK taz | Ein Flugzeugträger der US Navy bringt einer Region jedes Jahr | |
rund 900 Millionen Dollar. Und die Hampton Roads, ein Ballungsraum an | |
Ostküste der USA, haben fünf davon. Die Gegend hat nicht nur den Hafen von | |
Norfolk, hier sind sämtliche Waffengattungen der USA mit Kasernen und | |
Nachschubstationen vertreten. Dazu hunderte große und kleine | |
Rüstungsbetriebe. | |
Die Hampton Roads mit ihren rund 1,6 Millionen Einwohnern gehören zu den | |
größten Profiteuren des 11. Septembers und der Kriege, die darauf folgten. | |
Das Bruttoinlandsprodukt der Region wuchs von 2000 bis 2010 um 31,8 | |
Prozent, das nationale BIP nur um 18,9 Prozent. Die Verteidigungsausgaben | |
in den Hampton Roads verdoppelten sich in dieser Zeit. | |
Während anderswo in den USA Fabriken schließen, Menschen ihre Arbeit | |
verlieren und die Häuserpreise zusammensacken, geht über der Region, drei | |
Autostunden südöstlich von Washington DC, seit einem Jahrzehnt ein | |
Geldsegen an Verteidigungsausgaben nieder. Jedes Jahr steigen die | |
Direktinvestitionen um rund 10 Prozent. Die bisher größte Summe floss 2010: | |
fast 22 Milliarden Dollar. Zusammen mit den Investitionen und dem Konsum | |
vor Ort ergibt das ein Wirtschaftsvolumen von 38 Milliarden Dollar. 46 | |
Prozent der regionalen Wirtschaft kreisen ums Militärische. Fast die Hälfte | |
der insgesamt 750.000 Arbeitsplätze hängen davon ab. Darunter 100.00 | |
Soldaten in Uniform, die in der Region stationiert sind, sowie 40.000 | |
zivile Angestellte des Verteidigungsministeriums. | |
"Uns hat der Krieg genutzt: die Militärausgaben haben sich verdoppelt", | |
sagt Enoch Dana Dickens: "Sie haben 75 Prozent unseres regionalen Wachstums | |
ausgemacht." Enoch Dana Dickens ist Präsident der Hampton Roads Partnership | |
- einer Vereinigung, der alle 17 Bürgermeister der Region, die sechs | |
Kongressabgeordneten und zahlreiche Unternehmen angehören. Die Abhängigkeit | |
vom Militär ist groß, sagt er: "Das ist riskant, wie an der Börse." | |
## Söldnerfirmen verdienen ordentlich | |
Gerade in den Werkstätten in den Hampton Roads lief das Geschäft im letzten | |
Jahrzehnt. Etwa bei ADS, die Atlantic Diving Supply Inc. aus Virginia | |
Beach, die mit dem Verkauf von Tauchzubehör begann und im vergangenen Jahr | |
Kleidung und Ausstattung im Wert von einer Milliarde Dollar an das Pentagon | |
lieferte. Auch die Söldnerfirmen, die komplette private Kampftruppen | |
bieten, verdienten ordentlich. Die weltweit größte ist Xe. Sie hat ihr | |
Trainingsgelände am Rand der Hampton Roads. Bis Februar 2009 hieß das | |
Unternehmen "Blackwater". Nachdem sich US-Gerichte mit der Ermordungen von | |
siebzehn Zivilisten durch Blackwater-Söldner in Bagdad befassten, haben die | |
Manager den Namen in "Xe" geändert. Es arbeitet weiter für die | |
US-Regierung. Unter anderem in Afghanistan. | |
In den Hampton Roads profitiert kaum jemand nicht vom Krieg. Die Kliniken - | |
sie haben viele Patienten, nicht nur wegen der Kriegsversehrten, sondern | |
auch weil Soldaten und Veteranen bessere Krankenversicherungen haben als | |
die meisten US-Bürger. Die Textilindustrie - denn ein Gesetz schreibt vor, | |
dass die Kleidung für Soldaten in den USA hergestellt werden muss. Die | |
Regionalzeitung "Virginian Pilot" die das Navy-Blatt "Flagship" mit einer | |
wöchentlichen Auflage von 40.000 Exemplaren herstellt. Und die Forschung. | |
Einer, dessen Aufgabe der Militär-Boom verschoben hat, ist der Ozeanograph | |
Mark Patterson: seine Unterwasser-Roboter konstruierte er ursprünglich zum | |
Fischezählen, doch nun entwickelt er sie zu Anti-Terror-Robotern weiter. | |
Wie ist das, wenn eine Region im Rhythmus der Kriege lebt? Wenn der | |
militärisch-industrielle Komplex fast alle Lebensbereiche beeinflusst? | |
taz-Korrespondentin Dorothea Hahn ist für das sonntaz-Spezial zu zehn | |
Jahren 9/11 in die Hampton Roads gefahren. Sie hat mit Rüstungsunternehmen | |
gesprochen, die häufig von ehemaligen Offizieren geführt werden. Zum | |
Beispiel Tom Mastaglio, der seine Firma drei Tage nach den Anschläge | |
einweihte und heute 80 Ingenieure beschäftigt. Seine Geschichte erzählt die | |
aktuelle sonntaz ebenso wie von der Krankenschwester Katarina Mullen, der | |
die Army die Ausbildung bezahlt hat. | |
Und dann erzählt Dorothea Hahn vom Anti-Militaristen Tom Palumbo, der es | |
sehr schwer hat in den Hampton Roads. "Wir können da nicht mithalten", sagt | |
er: "Sie haben mehr Geld und mehr Leute." Er meint natürlich den | |
militärisch-industriellen Komplex. | |
10 Sep 2011 | |
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Schwerpunkt 9/11 | |
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