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# taz.de -- Bahnprojekte in Baden-Württemberg: Grüne mischen mit
> Bei Stuttgart 21 lehnten Grüne eine Mischfinanzierung zwischen Bund und
> Land ab. Bei anderen Projekten dagegen bietet die Partei sie sogar an.
Bild: Ein Symbol für Ärger mit der Bahn: Bahnhof in Stuttgart.
STUTTGART taz | Noch vor zehn Monaten klang alles eindeutig: "Spätestens
wenn wir im März an die Regierung kommen, werden wir das nicht bezahlen und
die Gelder zurückverlangen", hatte Winfried Kretschmann im vergangenen
November über die finanzielle Beteiligung Baden-Württembergs am Bahnprojekt
Stuttgart 21 gesagt.
Damals kritisierten die oppositionellen Grünen, dass die Mischfinanzierung
einer Bundesaufgabe verfassungswidrig sei. Doch die klaren Worte sind
längst verhallt. Von der Verfassungswidrigkeit reden die Grünen nur noch
ungern. Im Gegenteil: Sie bieten sie inzwischen sogar selbst offensiv für
andere Projekte an.
In einem Gutachten vom Verfassungsrechtler Hans Meyer, das die Grünen im
November vorgelegt hatten, hieß es, dass es allein Aufgabe des Bundes sei,
den Neubau des Bahnhofs und die geplante Neubaustrecke nach Ulm zu
finanzieren. Das Land Baden-Württemberg bezahlt aber etwa ein Drittel des
Bahnhofsbaus und 950 Millionen Euro für die ICE-Trasse. Das verstoße gegen
das Grundgesetz, so Meyer. Denn es soll verhindert werden, dass reiche
Länder Entscheidungen des Bundes mit Geld beeinflussen.
Seit der Landtagswahl ist davon jedoch nichts mehr zu hören. Bei den
Koalitionsverhandlungen ließen Grüne und SPD das Thema ungeklärt stehen.
Stattdessen bekannten sich auch die Grünen im Koalitionsvertrag klar zur
Neubaustrecke. Und erst kürzlich überwies das Land 50 Millionen Euro für
den Tiefbahnhof an die Deutsche Bahn.
Entsprechend verärgert sind inzwischen S-21-Gegner. Wenn das Thema auf
Kundgebungen angesprochen wird, werden sogar "Lügenpack"-Rufe in Richtung
Kretschmann laut. "Unser Ministerpräsident darf nicht gegen das Grundgesetz
handeln", sagte die Sprecherin der baden-württembergischen Linkspartei,
Sybille Stamm. Kretschmann betrüge seine Wähler, wenn er dabei zusieht, wie
die Bahn die Bauarbeiten jeden Tag vorantreibt.
## Grün-Rot nicht einig
Und nicht nur das. Der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann hat die
Mischfinanzierung nun sogar selbst an anderer Stelle offensiv gefordert. Er
möchte nämlich gerne, dass die Südbahn von Ulm an den Bodensee
elektrifiziert wird. Damit die Arbeiten nächstes Jahr beginnen können,
sagte Hermann der Südwest Presse: "Das Angebot an den Bund lautet: Wir
zahlen euch die erste Hälfte der Maßnahmen." Im Gegenzug müsse Berlin die
feste Zusage machen, dann weiterzubauen.
Nur ungern lassen sich die Grünen auf das Problem der Mischfinanzierung
ansprechen. Ihre deutliche Ansage von damals schockiert sie im Rückblick
selbst. Der Hebel, mit dem sie Stuttgart 21 zu Fall bringen wollten,
entpuppte sich eben als gängige Praxis bei vielen Projekten. Intern ist
sich die grün-rote Koalition in Baden Württemberg nicht einig, wie sie
damit umgehen soll.
Das Staatsministerium weist auf die Schwierigkeit hin, die Frage der
Verfassungswidrigkeit als Regierung gerichtlich klären zu lassen. Womöglich
könne nur ein anderes Bundesland klagen, das sich gegenüber
Baden-Württemberg benachteiligt fühlt. Hinzu kommt der Verweis auf den
Koalitionspartner. Die Aussagen von damals seien schließlich so zu
verstehen, dass die Grünen keinen Cent bezahlen würden, wenn sie alleine an
die Regierung gekommen wären.
Verkehrsminister Hermann hat sich hingegen trotz mehrmaliger Anfrage der
taz lieber erst gar nicht geäußert. Das Thema ist ihm wohl zu heiß.
12 Sep 2011
## AUTOREN
Nadine Michel
## TAGS
Schwerpunkt Stuttgart 21
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