# taz.de -- ENERGIENETZE: Vertrauen statt Verstaatlichung | |
> Gutachten hält Rückkauf der Netze für bezahlbar. Grüne und Linke in der | |
> Bürgerschaft erfreut das, SPD stimmt den Vorstoß mit CDU und FDP nieder. | |
Bild: Rückkauf oder nicht? Das ist in Hamburg die Frage. | |
Es ging hoch her am Mittwochabend in der Bürgerschaft in der Debatte über | |
die Zukunft der Hamburger Energienetze. "Geheimverhandlungen" mit den | |
Konzernen Vattenfall und Eon warf GAL-Fraktionschef Jens Kerstan dem | |
SPD-Senat vor. Mit den Initiatoren des erfolgreichen Volksbegehrens "Unser | |
Netz" spreche der Senat hingegen nicht - "ein seltsames | |
Demokratieverständnis", findet Kerstan. | |
Tags zuvor hatte die Umweltbehörde ein Gutachten ins Internet gestellt, das | |
die Position der Volksinitiative unterstützt. Die Expertise der Berliner | |
"LBD Beratungsgesellschaft" und der Münchener Wirtschaftsprüfer "Becker | |
Büttner Held" untersucht die Möglichkeiten zur Finanzierung des Kaufs und | |
der Rechtsformen einer künftigen Trägerschaft. Und sie empfiehlt der Stadt, | |
die Netze vollständig zu erwerben - eben dies ist die Forderung der | |
Volksinitiative "Unser Netz" sowie von GAL und Linken. Der SPD-Senat indes | |
will aus Kostengründen lediglich eine "strategische Beteiligung" von 25,1 | |
Prozent erwerben. | |
Laut Gutachten könnten auch Finanzinvestoren wie die deutschen | |
Pensionskassen oder Lebensversicherungen beteiligt werden und obendrein | |
Bürger Volksaktien erwerben. Damit würden Belastungen und Risiken für die | |
Stadt minimiert. Bei diesem Modell müsste Hamburg nur etwa zehn Prozent des | |
Kaufpreises selbst aufbringen, der je nach Rechenart zwischen 1,5 und 3,0 | |
Milliarden Euro liegen soll. | |
"Ein zentrales Argument gegen die vollständige Netzübernahme war für die | |
SPD bislang, dass diese nicht bezahlbar sei. Dieses Argument ist jetzt | |
widerlegt", kommentiert Dirk Seifert, Energiereferent der | |
Umweltorganisation Robin Wood. | |
Zudem sehen die Gutachter große Vorteile in der Schaffung eines | |
"integrierten Netzbetreibers" in einer Zusammenarbeit der städtischen | |
Gesellschaft Hamburg Wasser und deren Ökostrom-Tochter Hamburg Energie. Als | |
eine Variante beschreiben sie: "Der Netzbetrieb aller Infrastrukturnetze | |
(einschließlich Wasser) wird an eine Gesellschaft (Netzgesellschaft) | |
delegiert" und "Erzeugung und Vertrieb von Fernwärme erfolgt durch Hamburg | |
Energie." | |
"Die Gutachter zeigen auf, wie neue Stadtwerke entstehen könnten. Die Stadt | |
könnte damit die Energieversorgung im Sinne des Klimaschutzes optimal | |
steuern und gleichzeitig ein profitables kommunales Unternehmen aufbauen", | |
sagt Manfred Braasch, Hamburger BUND-Geschäftsführer. Und Seifert fordert: | |
"Die Hamburger SPD muss endlich eine Energiepolitik im Sinne der Stadt und | |
ihrer Bürger machen." | |
Am 18. November soll eine öffentlichen Anhörung von Experten und Initiative | |
stattfinden. "Dann werden wir sehen", so SPD-Umweltpolitikerin Monika | |
Schaal, "was uns trennt und was uns eint." Den Antrag der Grünen, der Senat | |
solle Verhandlungen mit der Initiative aufnehmen, unterstützten nur die | |
Linken. Die SPD lehnte das mit Unterstützung von CDU und FDP ab. | |
14 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |