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# taz.de -- Rugby-WM in Neuseeland: Geworfene Zwerge
> Englands Team vertreibt sich die Zeit mit Saufgelagen und anderen
> Eskapaden. Selbst das Königshaus ist involviert. Das sei alles nur
> harmlos gewesen, sagt der Trainer.
Bild: Der Rugby-Spieler aus königlichem Haus: Mannschaftskapitän Mike Tindall.
Es sei nichts Außergewöhnliches passiert, sagte Englands Rugby-Trainer
Martin Johnson. "Die Jungs haben ein paar Getränke zu sich genommen, so wie
es andere Mannschaften während der Weltmeisterschaft auch getan haben",
sagte er. "Der einzige Unterschied sind die Berichte über uns: Schock!
Rugby-Spieler trinkt Bier!"
Nun ja, das Bier war nicht unbedingt das Problem. Die britischen Zeitungen
berichteten, dass sich eine Reihe von Englands Spielern nach dem knapp
gewonnenen Match gegen Argentinien bei der Weltmeisterschaft in Neuseeland
in einer Bar beim "Zwergenweitwurf" amüsierten und Schnäpse in sich
hineinschütteten. Ein Spieler, der anonym bleiben wollte, sagte dem
Guardian, er habe nicht glauben können, dass der Trainer der Mannschaft
erlaubt habe, sich "so volllaufen zu lassen, wie wir es getan haben".
Es sei eine gute Idee gewesen, findet Johnson dagegen: "Man muss den Druck
abbauen und zur richtigen Zeit Dampf ablassen. Ich habe damit kein
Problem." Andere schon. Die Sun berichtete in höchster Erregung, dass sich
eine "besonders hübsche Blondine" an Mannschaftskapitän Mike Tindall
herangemacht habe, ihn in den Flur gelotst, geknutscht und "seinen Kopf
zwischen ihre Brüste gezogen" habe.
Es handelte sich dabei allerdings nicht nur um den Rugbykapitänskopf,
sondern er gehört seit kurzem auch zur Königsfamilie: Der 30-Jährige hat
vor sechs Wochen Zara Phillips, die Tochter von Prinzessin Anne und
Lieblingsenkelin der Queen, geheiratet.
Die Lieblingsenkelin! Bei den Boulevardblättern setzte bei der Kombination
der Worte "Rugby-Kapitän", "Blondine", "Königsfamilie", "Brüste" und
"Zwergenweitwurf" unweigerlich der Schmuddelreflex ein.
"Sie haben geflirtet und sich angegrapscht", zitiert die Sun einen
Augenzeugen. "Er glaubte wohl, dass die Sache nicht auffliegen würde." Das
Blatt hat eine Suchanzeige für die Blondine aufgegeben, um die Geschichte
weiter melken zu können. Natürlich steht das Material aus den
Überwachungskameras längst im Internet.
## Eine ganz normale Familie
Nach der Hochzeit am 30. Juli sagte Tindall hocherfreut, dass die Prinzen
William und Harry große Rugby-Fans seien. Überhaupt sei seine neue
blaublütige Verwandtschaft sehr bodenständig und unkompliziert, fügte er
hinzu: "Eine ganz normale Familie." Und sie ist skandalgestählt.
Im Vergleich zu den Ereignissen im Königshaus in den vergangenen
Jahrzehnten verblasst der kleine Fehltritt von Queensland vermutlich bald.
Was die Boulevardpresse am meisten empört, ist die Tatsache, dass die
Hochzeit erst sechs Wochen her ist. Hätte Tindall nicht wenigstens noch ein
paar Monate warten können?
Die Besuche englischer Rugbyteams in Neuseeland gehen selten geräuschfrei
über die Bühne. 2008, bei der letzten Reise der englischen Mannschaft nach
Queensland, ging auch nicht alles glatt. Nach einer ähnlich
feucht-fröhlichen Feier verschwanden vier Spieler mit einer 18-Jährigen im
Hotelzimmer.
## Strafe wegen Zuspätkommens
Sie gab später an, von den Spielern vergewaltigt worden zu sein, doch die
wurden freigesprochen: Die junge Frau habe freiwillig mitgemacht. Die
Spieler wurden von ihrem Verband lediglich zu Geldstrafen verdonnert, weil
sie am nächsten Tag zu spät beim Physiotherapeuten erschienen waren.
Seit dem jüngsten Zwischenfall in Queenstown versuchen die
Medienbeauftragten des königlichen Haushalts verzweifelt, Tindall
telefonisch zu erreichen. Der musste offenbar erst seinen Kater
auskurieren. Die Sun druckte Fotos ab, auf denen ein sichtlich
angeschlagener Tindall an einem Bungee-Seil baumelt und mit dem diesmal
blondinenbrustfreien Kopf in den Kawarau-Fluss taucht.
Mit den nächtlichen Feiern ist es vorerst vorbei. Zara Phillips, die wegen
eines Reitturniers ihre Neuseelandreise verschieben musste, wird mit
anderen Spielerfrauen am Montag zum Team stoßen. Wenn das Team in den
nächsten Spielen gegen Georgien, Rumänien und Schottland keine gute
Leistung bringt, wird die Zwergen- und Blondinenaffäre sie noch lange
verfolgen.
16 Sep 2011
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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