# taz.de -- Demo gegen Abtreibung: Bitte nicht drängeln, jeder nur ein Kreuz | |
> Bei ihrer Demonstration erhalten christliche AbtreibungsgegnerInnen | |
> ungebetenen Zulauf von PapstgegnerInnen. | |
Bild: Eine frühere Demo von AbtreibungsgegnerInnen in Berlin. | |
Aufgeblasene Kondome flattern über den Platz vor dem Bundeskanzleramt. | |
"Evas Genitale statt Evangelikale" steht neben Eva Hermanns Konterfei und | |
großem Penis auf dem Schild einer Demonstrantin. Eine andere antwortet auf | |
die Frage, wofür sie demonstriert: "Müttergehalt, Familienwahlrecht und ein | |
Ende der Erleichterung von Abtreibungen". Für die Kriminalisierung von | |
Schwangerschaftsabbrüchen sprechen sich Redner der Kundgebung am | |
Samstagmittag aus; unter die Zuhörer haben sich Mitglieder des Bündnisses | |
"What the fuck" gemischt. Selbiges will den Papstbesuch in der kommenden | |
Woche "zum Desaster machen". | |
Wer auf welche Seite gehört, wird am Samstag erst deutlicher, als sich der | |
Demonstrationszug formiert: auf der Straße die, für die menschliches Leben | |
mit der Befruchtung einer Eizelle beginnt und sich aus einem Transporter | |
weiße Holzkreuze geben lassen; auf dem Bürgersteig die, die aufgeblasene | |
Kondome steigen lassen und von denen einer Monty Pythons Jesus-Satire "Das | |
Leben des Brian" zitiert: "Jeder nur ein Kreuz", ruft er über die Kette von | |
Polizisten zwischen beiden Gruppen. | |
Auf 2.200 taxiert die Polizei die Zahl der AbtreibungsgegnerInnen. Sie hat | |
dabei wohl einige GegendemonstrantInnen mitgezählt, die die Zweiteilung | |
nach Kundgebungsende ignoriert hatten und während des Demonstrationszugs | |
zum Bebelplatz mitten unter den christlichen Aktivisten singen: "Hätt Maria | |
abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben". Die Polizei nahm vier | |
GegendemonstrantInnen zur Personalienfeststellung mit: wegen | |
Sachbeschädigung und Beleidigung, und einmal wegen des Befüllens | |
zahlreicher Kondome mit Cremeseife; die Aktion erinnerte an die päpstliche | |
Aversion gegen diese Art der Verhütung und galt der Polizei als nicht | |
hinnehmbare Provokation. | |
## "Ihr liebt Zellhaufen" | |
Schweigender Kreuzzug gegen derbe Parolen und Trillerpfeifen: Lauter waren | |
auf jeden Fall die, die für das freie Recht der Frau demonstrierten, sich | |
für oder gegen eine Schwangerschaft zu entscheiden. Ihre Opponenten hielten | |
mit prominenten Fürsprechern dagegen: Grußworte hatten etwa die Beauftragte | |
der Bundesregierung für Migration, Maria Böhmer (CDU), die Sprecherin der | |
Unions-Bundestagsfraktion für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, | |
Dorothee Bär, und deren Fraktionschef Volker Kauder geschickt. "In unserer | |
Gesellschaft schwindet das Bewusstsein für das moralische Gewicht einer | |
Abtreibung und anderer Angriffe auf das Leben", ließ Kauder denen | |
ausrichten, die dem Aufruf des Bundesverbands Lebensrecht gefolgt und aus | |
ganz Deutschland angereist waren. | |
Am Bebelplatz tanzt einer hinter den Absperrgittern und reckt den | |
AbtreibungsgegnerInnen zwei Schilder entgegen: "Ihr liebt Zellhaufen" steht | |
auf dem einen, "Wir lieben Selbstbestimmung" auf dem anderen. Irgendjemand | |
schreit auf. Ein Kondom ist in der Luft zerplatzt. | |
18 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Puschner | |
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