# taz.de -- Höhlenstories: Der Treibstoff Fantasie | |
> Die Bücher über die Steinzeitfrau "Ayla" sind Bestseller. Es gibt viel | |
> guten Sex und gleichberechtigte Verhältnisse unter den Eiszeitlern. | |
Bild: Höhlenerotik heute - auch damals zu Zeiten des Homo sapiens sapiens war … | |
Die Zahl der Steinzeitfans ist beträchtlich. 45 Millionen Mal (3 Millionen | |
allein in Deutschland) verkauften sich die ersten Bände der Menschheitssaga | |
um "Ayla". Jean M. Auel, eine Amerikanerin, schildert hier auf vielen | |
tausend Seiten mit überbordender Fantasie und großem Fachwissen | |
mitteleuropäisches Steinzeitleben vor 30.000 Jahren. Im Frühjahr kam der | |
letzte Band "Ayla und das Lied der Höhlen" heraus und hielt sich lange auf | |
den Bestsellerlisten. | |
"Ayla" ist eine hinreißende Mädchenfigur. Sie betrat 1980 die literarische | |
Bühne. Auel beschreibt sie als eine Repräsentantin der modernen | |
Menschengattung Homo sapiens sapiens, lässt sie aber - nach einer | |
Naturkatastrophe - unter Neandertalern aufwachsen und in späteren Jahren | |
auf der Suche nach eigenen Leuten ihren Weg finden. | |
Weit über das individuelle Schicksal der Heldin hinaus untermalt dieses | |
kulturelle Spannungsfeld die Saga. Und treibt die Handlung voran, auch | |
räumlich. Auel führt uns on the road durch Mitteleuropa: zum Schwarzen | |
Meer, zur nördlichen Packeisgrenze, ins Donaudelta und von da aus | |
flussaufwärts den ganzen langen Weg der Donau entlang bis ins heutige | |
Frankreich zu den berühmten Steinzeithöhlen mit ihren vorzeitlichen | |
Malereien. | |
Auels Szenarien dürften ziemlich realistisch sein - vorausgesetzt, man | |
akzeptiert die Ähnlichkeit zwischen heutigen Menschen und den eiszeitlichen | |
Vorfahren. Ob vor so langer Zeit tatsächlich ein Kult der "großen Mutter" | |
herrschte, ist in der Wissenschaft umstritten. Aber die | |
vorpatriarchalischen Zeiten, die Auel ausmalt, sind sympathisch. Es gibt | |
viel guten Sex und gleichberechtigte Verhältnisse unter den Eiszeitlern. | |
Kein Wunder, dass Aylas Geschichte bei Frauen gut ankommt. | |
Das bekannteste Jungensbuch zur Steinzeit ist "Rulaman", es wurde bereits | |
1878 veröffentlicht. Sein Autor, David Friedrich Weinland, gehörte zur | |
naturwissenschaftlich begeisterten und weitgereisten Forscherelite seiner | |
Zeit (er war auch der erste Direktor des Frankfurter Zoos). Weinland | |
reflektierte den Kenntnisstand des 19. Jahrhunderts, als er den | |
Häuptlingssohn Rulaman erdachte und das Höhlenleben in der Steinzeit vor | |
3.000 Jahren auf der Schwäbischen Alb, seiner Heimat, beschrieb. Es ist | |
eine Geschichte vom Erwachsenwerden, die ursprünglich seinen vier Söhnen | |
zugedacht war. | |
Wie später bei Jean M. Auel prallen auch in "Rulaman" zwei Kulturen | |
aufeinander und machen die Entwicklung des Helden so interessant. Auf der | |
Alb ist es ein blutiger Clash. Vergleichbar anderen indigenen Völkern, die | |
Weinland studiert hatte, ziehen die steinzeitlichen, nomadisierenden | |
"Ureuropäer" vor den keltischen Einwanderern den Kürzeren. Allerdings, so | |
weiß man heute, vertat sich Weinland da um etliche tausend Jahre. Als sich | |
die Kelten in vorrömischer Zeit in Mitteleuropa ausbreiteten, gab es längst | |
keine altsteinzeitlichen Jäger mehr, sondern eine bäuerliche Gesellschaft. | |
Aber Weinland kann so sehr klar zwei völlig unterschiedliche Lebensformen | |
charakterisieren. | |
## Jean M. Auel: "Die Kinder der Erde", sechsbändiger Romanzyklus, Heyne, | |
1980 bis 2011 | |
## David Friedrich Weinland: "Rulaman", DVA, 2005 | |
24 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Christel Burghoff | |
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Donau | |
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