# taz.de -- Kolumne Unbeliebt: Der 18-Erfinder und die 1,8-Versager | |
> Fritz Goergen dachte sich einst für die FDP das Projekt 18 aus. Wie | |
> findet er es, dass seine frühere Partei nun bei 1,8 Prozent steht? | |
Der Stratege Fritz Goergen durfte gerade eine kleine Rache genießen. Sie | |
besteht aus den Ziffern 1 und 8. Und dem Komma dazwischen. Das Komma ist am | |
Sonntagabend reingerutscht, als das FDP-Ergebnis von Berlin feststand. 1,8 | |
Prozent. | |
Die Verbindung mit Goergen besteht darin, dass genau diese Ziffern über dem | |
Konzept standen, das er vor zehn Jahren schrieb, als die FDP und er noch | |
zusammengehörten. Es war das "Projekt 18", die FDP sollte mit ihm 18 | |
Prozent holen. Ohne Komma. | |
Er sagt nicht offen, dass er sich freut, jetzt am Telefon. Als ich ihn auf | |
die 1,8 anspreche, lacht er nur kurz und heftig. Er behauptet sogar, die | |
FDP-Ergebnisse seien ihm egal. Geworden. Er ist 2002 aus der FDP | |
ausgetreten und hat dann eine Abrechnung veröffentlicht, das Buch heißt: | |
"Skandal FDP. Selbstdarsteller und Geschäftemacher zerstören eine | |
politische Idee". Innerlich fertig sei er mit der Partei viel früher | |
gewesen, 1982, als sie die sozialliberale Koalition verließ. | |
Goergen, am Silvestertag 1941 in Niklasdorf in der Steiermark geboren, | |
spricht ein melodisches Österreichisch. In der Stimme liegt noch die | |
Bestimmtheit des Bundesgeschäftsführers, der unter Genscher die FDP | |
organisierte. Aber da ist auch die Gemütlichkeit einer schönen Brettljause | |
mit Schinken und Käse, bei der man über alte Geschichten lacht. Goergen | |
lebt in Köln, und jeden Mittwoch geht er mit anderen Männern in der Eifel | |
wandern. Es ist seine Strategie 70. "I bin ein uralter Dackl", sagt er. | |
2001 war er Berater von Jürgen Möllemann. Der FDP-Fürst hatte mit seiner | |
Hilfe in Nordrhein-Westfalen aufgetrumpft, 9,8 Prozent. Der Fürst wollte | |
mehr, und der Berater sollte ein Strategiepapier schreiben. | |
Die Strategie 18 erklärt Goergen so: 1969 hat die FDP den ersten Teil ihrer | |
Stammwähler vergrault, als sie sich mit Willy Brandts SPD verbündete. Und | |
1992 noch mal die Hälfte, als sie zu Helmut Kohl überlief. "Die FDP muss | |
ihre Wähler vor jeder Wahl neu holen. Sie braucht sich nicht um neue | |
Stammwähler kümmern, weil das eh immer weniger wird. Und muss dafür die | |
Programmatik verbreitern - auch ins Soziale." | |
## Nur der Erfolg | |
Jedes Mal neu beliebt werden. Nichts ist garantiert, aber viel möglich. Auf | |
die 18 kam Goergen, weil die Liberalen ganz früher mal so viel in | |
Baden-Württemberg geholt hatten. | |
Aber Herr Goergen, Projekt 18, das ist doch noch etwas anderes: Die | |
inhaltsleere Spaßpartei mit der Achtzehn auf Westerwelles Schuhsohlen. | |
"Möllemann und Westerwelle hat meine Idee gar nicht wirklich interessiert", | |
sagt Goergen. Sie hätten nur den Erfolg gewollt. Die Zahl. | |
Goergens Österreichisch läuft nun noch eine Spur langsamer. Als ob er den | |
Abstand zu den anderen markieren will. Vom Niveau her. Das Guidomobil? | |
"Spießig." Ein silbern glänzender Oldiebus aus den USA, das hätte Stil | |
gehabt! | |
Westerwelles Leute drehten sogar einen Werbefilm mit Dolly Buster. "Männer, | |
die Unterleibswitze gut finden." Trat Westerwelle mit Dolly auf? Möllemann? | |
Er macht ein Pause. Als vermesse er mein Niveau. "Den Film hat sie allein | |
bestritten." | |
Und der Populismusporno? Da war er doch Berater. Möllemanns antisemitisches | |
Rumschwadronieren? Die Flugblätter gegen Israel? Er habe vorher nichts | |
davon gewusst. Sei Möllemann denn nicht sein Freund gewesen? Und daher | |
Westerwelle sein Feind geworden? | |
"Das war ein Job." Er klingt jetzt fast metallisch. | |
23 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Georg Löwisch | |
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