# taz.de -- Parteitagswochenende in Schleswig-Holstein: Dickschiffe auf Piraten… | |
> CDU und SPD setzen auf Politik zum Mitmachen, wollen mehr | |
> Internet-Diskussion und Kandidaten zum Anfassen. Bei CDU und SSW ging es | |
> auch ums Personal. | |
Bild: Arbeitssieg für Jost de Jager: Für den neuen CDU-Spitzenkandidaten gab … | |
KIEL taz | Die CDU inthronisierte. Die SPD redete. Der SSW ging auf Kurs. | |
Gleich drei Parteitage am Wochenende zeigten, dass Schleswig-Holstein | |
endgültig in den Vorwahlkampf für die Landtagswahl im Mai gestartet ist. | |
Dabei wollen gerade die großen Parteien neue Wege gehen. Es soll mehr | |
Politik zum Mitmachen, Kandidaten zum Anfassen und Programmdebatten im | |
Internet geben. Während die SPD mit einem "Bürgerparteitag" in Rendsburg | |
zeigte, wie sie sich das vorstellt, ging es bei CDU und SSW um | |
Personalfragen. | |
Die Christdemokraten feierten eine Krönungsmesse mit gedämpften Tönen für | |
ihren neuen Vorsitzenden und Spitzenkandidaten Jost de Jager. Auf Musik und | |
Fähnchen verzichtete die Partei bei ihrem Sonderparteitag in Kiel. Dieser | |
war fällig, nachdem der frühere Spitzenmann, Christian von Boetticher, | |
wegen der Affäre mit einer 16-Jährigen zurückgetreten war. | |
De Jager stand schnell als einziger Bewerber fest. Der amtierende | |
Wirtschaftsminister wurde mit 93 Prozent gewählt, nur zwölf der 258 | |
Delegierten stimmten gegen ihn. Beifall gab es nur mäßig - ein Arbeitssieg | |
für den Kandidaten, der bisher eher durch Zuverlässigkeit am Kabinettstisch | |
als durch Charme überzeugte. | |
Tim Hollmann, CDU-Kreisvorsitzender aus Dithmarschen, versuchte es launig: | |
"Sind die Umfragen auch noch so mager, Ministerpräsident wird Jost de | |
Jager!" Der 46-jährige gelernte Journalist de Jager versprach: "Ich setze | |
auf Sieg." Er hielt seine Rede frei, betonte die Rolle der CDU als | |
"Schleswig-Holstein-Partei", die sich vor schwierigen Aufgaben wie der | |
Haushaltskonsolidierung nicht "in die Büsche drückt" und streifte alle | |
Politikfelder von Straßenbau bis Schule. | |
Die CDU sei die "Partei des ländlichen Raums", müsse aber auch "Antworten | |
auf die Fragen in den Städten finden" - schon seine Vorgänger, der heutige | |
Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Christian von Boetticher, | |
hatten versprochen, die Partei attraktiver für Städter und jüngere Frauen | |
zu machen. | |
Wie de Jager das konkret schaffen will, ließ er offen. Vielleicht weiß die | |
Basis Rat: Jost de Jager setzt auf "innere Demokratie" und will das | |
Wahlprogramm im Internet diskutieren, auch wenn "das Ergebnis anders sein | |
könnte, als wir es wollen". Hinten im Raum murmelte ein Delegierter: | |
"Piraten." | |
Debatten im Netz und Bürgerbeteiligung seien keine exklusiven Ideen der | |
Internet-Partei, betonte der SPD-Spitzenkandidat und Kieler | |
Oberbürgermeister Torsten Albig am Rand des "Bürgerparteitages" in | |
Rendsburg. | |
Albig, der nach einem parteiinternen Casting zum Spitzenkandidaten gewählt | |
worden war, tourte im Sommer durchs Land und sammelte Themen. Die | |
wichtigsten Thesen wurden in Rendsburg detailliert beraten. "Wir haben die | |
Beteiligung zuletzt vernachlässigt", sagte Uwe Döring. Der | |
Ex-Justizminister ist Mitglied jener Kommission, die das Wahlprogramm der | |
SPD vorbereitet. Das wird nicht einfach, denn die Bürger, so Döring, | |
müssten am Ende ihre Ideen auch tatsächlich im Programm finden: "Eine neue | |
Politik ist erforderlich." | |
Das sahen die Juso-Mitglieder Felix Deutschmann und Merle Stöver genauso: | |
"Dann kommen auch andere Meinungen", sagte Stöver, und Deutschmann | |
erklärte: "Die Älteren treffen sich im Ortsverein, die Jüngeren bei | |
Facebook." Dabei sei es möglich, die getrennten Debatten zu verbinden, | |
freute sich SPD-Sprecher Amin Hamadmad: "Sie befruchten sich gegenseitig." | |
Einen klassischen Parteitag veranstaltete der Südschleswigsche | |
Wählerverband SSW in Husum: Die Delegierten bestätigten Parteichef Flemming | |
Meyer im Amt. Er kündigte an, dass die langjährige Landtagsabgeordnete Anke | |
Spoorendonk erneut als Spitzenkandidatin ins Rennen geht. | |
Inhaltlich sprach sich der SSW gegen einen Nordstaat mit Hamburg und gegen | |
eine Koalition mit der CDU aus. | |
Ansonsten ist aber alles offen, Grünen-Landeschefin Eka von Kalben | |
erklärte, eine Zusammenarbeit sei sowohl mit Albig als auch mit de Jager | |
denkbar: "Wir schließen keine Koalition aus." | |
25 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Esther Geisslinger | |
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