Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Niedersachsens vorbeugendes Burka-Verbot: Hüllenlose Amtsstuben
> Obwohl es bislang keine Fälle gab, will Niedersachsens Regierung Burkas
> im öffentlichen Dienst verbieten. SPD und Linke lehnen das ab, Muslime
> sprechen von Hysterie.
Bild: Bremsen auch für Burka Trägerinnen? Nicht in Niedersachsen.
HANNOVER taz | Auf breite Kritik stößt der Vorstoß von Niedersachsens
schwarz-gelber Landesregierung, ab 2012 ein Burka-Verbot für den
öffentlichen Dienst einzuführen. Für die Linksfraktion ist dies ein
"Armutszeugnis" für die Integrationspolitik, und die SPD hält ein Verbot
für "verfassungsrechtlich mehr als zweifelhaft".
Der Moscheenverband Schura wiederum spricht von "Hysterie": Frauen, die in
niedersächsischen Behörden den Ganzkörperschleier tragen wollen, sind dort
nicht bekannt.
Einzig die Landtagsgrünen wollen sich dem Vorstoß anschließen. Einen
entsprechenden Fraktionsbeschluss haben sie schon im Frühjahr gefasst. Da
hatte Innenminister Uwe Schünemann erstmals ein Burka-Verbot für den
öffentlichen Dienst in Niedersachsen nach dem Vorbild Hessens gefordert
(taz berichtete).
Ursprünglich wollte Schünemann im Zuge einer Novelle des
Beamtenversorgungsrechts die "Pflicht zur religiösen und weltanschaulichen
Neutralität" mit einem eigenen Paragraphen einführen. Kleidung oder
Symbole, die die Religionszugehörigkeit "demonstrieren und geeignet sind,
den religiösen Frieden zu gefährden", sollten nach einem Entwurf aus
Schünemanns Haus im öffentlichen Dienst verboten werden.
Das sorgte nicht nur beim Koalitionspartner FDP für Bauchschmerzen. Auch
der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des niedersächsischen Landtages
warnte, die Einführung einer solchen beamtenrechtlichen Pflicht sei
verfassungswidrig und liege nicht in der Zuständigkeit des Landes.
Die CDU versucht, den Schünemann'schen Verbots-Wunsch jetzt über die
Vorschriften zur Dienstkleidung ins Beamtengesetz zu schreiben: Darin soll
ein Verhüllungsverbot aufgenommen werden.
Ein "funktionsfähiges Beamtentum" brauche eine "vertrauensvolle
Zusammenarbeit", heißt es in dem Entwurf. Und dafür müsse man den
MitarbeiterInnen "ins Gesicht und nicht nur in die Augen schauen können."
Eine Argumentation, die der liberale Koalitionspartner mitträgt: Dass sich
das Gegenüber zu erkennen gibt, sei eine "urliberale Forderung", sagt der
FDP-Innenpolitiker Jan-Christoph Oetjen.
Er glaube ohnehin nicht, dass eine solche Regelung häufig angewandt werde:
"Burkaträgerinnen hat man in niedersächsischen Amtsstuben nicht besonders
viele gesehen".
Und eben das sorgt für Kritik: Ein Verbot ohne Anlass sei "das unrühmliche
Ende einer Scheindiskussion", sagt die Linken-Innenpolitikerin Pia
Zimmermann. Auch Klaus-Peter Bachmann von der SPD sieht ohne konkreten
Fälle "keine Not" für das Gesetz. Für ihn ist der Vorstoß vielmehr ein
"Ablenkungsmanöver": Mit der Novelle des Beamtenversorgungsrechts will
Schwarz-Gelb auch die Altersbezüge von Ministern neu regeln - und
scheidende Minister besserstellen.
Das, vermutet Bachmann, soll Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP)
bewegen, sein Amt wie angekündigt an den neuen FDP-Landeschef Stefan
Birkner abzutreten. Eine Burka-Debatte, sagt er, solle den "eigentlichen
Skandal" vertuschen.
Bei den Betroffenen sieht man das anders: Unter Muslimen sorge der Vorstoß
für Unbehagen, sagt der niedersächsische Schura-Vorsitzende Avni Altiner.
Er fürchtet, dass sich die CDU auf Kosten der Muslime profilieren wolle:
Gesprochen habe man mit ihnen über die Gesetzesänderung nicht.
"Dann hätte man erfahren können, dass dem Großteil ohnehin klar ist, dass
man im öffentlichen Dienst Gesicht zeigen sollte", sagt Altiner.
28 Sep 2011
## AUTOREN
Teresa Havlicek
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.