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# taz.de -- Alternativer Nobelpreis 2011: Wagen, andere Wege zu gehen
> Der Alternative Nobelpreis wurde verliehen. Gewonnen haben ihn eine
> Menschenrechtsaktivistin, eine NGO und eine Hebamme. Das erste Mal geht
> ein Ehrenpreis nach China.
Bild: Der erste chinesische Preisträger: Huang Ming.
STOCKHOLM taz | Der Alternative Nobelpreis wird in diesem Jahr dreigeteilt:
Das Stockholmer Komitee zeichnete am Donnerstag die
Menschenrechtsaktivistin Jacqueline Moudeina aus dem Tschad, die spanische
Nichtregierungsorganisation GRAIN und die US-Hebamme Ina May Gaskin aus.
Insgesamt ist der Preis in diesem Jahr mit 150.000 Euro dotiert.
Einen undotierten Ehrenpreis erhält der chinesische Ingenieur Huang Ming
für die Verbreitung von Solarenergie. Es ist das erste Mal, dass dieser
Preis nach China geht. Die Jury wählte Ming "für seinen herausragenden
Erfolg in der Entwicklung und Massenverbreitung von Spitzentechnologien für
die Nutzbarmachung von Solarenergie, und weil er zeigt, wie dynamische
Schwellenländer dazu beitragen können, die globale Krise des anthropogenen
Klimawandels zu überwinden".
Huang Ming gründete das "Solar Valley" in Dezhou, eines der weltweit
größten solaren Stadtentwicklungsprojekte. Das Solar Valley will ein
landesweites und globales Beispiel für Solarenergie setzen und hat Dezhou
die Auszeichnung der "China Solar City" eingebracht.
Der 53-jährige Huang Ming, ehemals Ingenieur am Erdölforschungsinstitut in
Dezhou, der sich dann als Unternehmer im Solartechnologiebreich
selbstständig machte, war nach Einschätzung der Jury des Right
Livelihood-Awards "maßgeblich an der Verabschiedung des Gesetzes für
erneuerbare Energien in China beteiligt – ein wichtiger Beitrag, um China
dazu zu bewegen, eine Vorreiterrolle bei der Vermeidung der zunehmenden
Klimakatastrophe einzunehmen." Seine Vision sei ein China ohne Atomkraft,
das es mit Hilfe der Solarenergie zu einer niedrigen oder gar einer
Kohlenstoff-Nullbilanz schaffen kann.
Mit ihrem "unermüdlichen Einsatz, damit den Opfern von Tschads ehemaliger
Diktatur Gerechtigkeit widerfährt und um die Achtung und das Bewusstsein
für Menschenrechte in Afrika zu stärken", begründet die Jury die
Preisverleihung an die Anwältin Jacqueline Moudeina. Sie habe unter großem
persönlichen Risiko zu einer Strafverfolgung gegen Hissène Habré, den
ehemaligen Diktator Tschads, beigetragen und arbeite gleichzeitig an einer
Vielzahl von Menschenrechtsthemen, die den Tschad heute betreffen.
## Beweise der Schreckenstat
Zunächst Rechtsbeauftragte und seit 2004 Vorsitzende der "Chadian
Association for the Promotion and Defence of Human Rights" (ATPDH) habe sie
gemeinsam mit Überlebenden der Habré-Zeit Beweismaterial über dessen
Schreckenstaten gesammelt und so die Grundlage für eine Klage gegen diesen
und Anzeigen gegen Sicherheitsbeamten gelegt. Zurzeit kämpft die 54-Jährige
für eine Auslieferung Habrés aus dem Senegal nach Belgien, wo ein
internationaler Haftbefehl gegen ihn erlassen wurde. Moudeina: Die
Menschenrechte werden so lange weiterhin verletzt, wie "die Täter der
grässlichsten Taten ungestraft davonkommen".
GRAIN ist eine internationale gemeinnützige Organisation, die Kleinbauern
und soziale Bewegungen in ihrem Kampf für Biodiversität in der
Landwirtschaft und für demokratische Kontrolle über genetische Ressourcen
unterstützt. Laut "Rightlivelihood"-Jury "schützt ihre weltweite Arbeit die
Lebensgrundlage und Rechte bäuerlicher Gemeinschaften und entlarvt den
massiven Aufkauf von Ackerland in Entwicklungsländern durch ausländische
Finanzinvestoren". In den letzten Jahren habe GRAIN einen entscheidenden
Beitrag zur Dokumentation und Kritik des rapide wachsenden Phänomens des
"land grabbing", der Aneignung von Ackerland, geleistet.
Auf ihrer Webseite [1][www.farmlandgrab.org] publiziert die Organisation
Nachrichten und Informationen über die weltweiten Landaufkäufe sowie
Analysen und Aktionen vonseiten der Zivilgesellschaft. Gemeinsam mit
anderen Organisationen veröffentlichte GRAIN 2010 eine öffentliche
Erklärung gegen "land grabbing" in der alternative politische Strategien
für Nahrungsmittelsouveränität vorgeschlagen wurden. Die Erklärung wurde
von mehr als 130 Organisationen aus über 100 Ländern unterzeichnet. GRAIN
habe damit, so die Jurybegründung, zahlreiche lokale, regionale und
nationale Aktionen in Afrika, Asien, Amerika und Europa mit dem Ziel
angestoßen, den Ausverkauf von Land zu stoppen.
## "Midwifery Center"
Ina May Gaskin gründete 1971 das Geburtshilfezentrum "Midwifery Center" auf
einer Kommunen-Farm im Bundesstaat Tennessee. Die schnell als Ort bekannt
wurde, an dem authentische Geburtshilfe praktiziert und gelehrt wurde.
Gaskin habe sich für Geburtsmethoden eingesetzt, die "die Frauen in den
Mittelpunkt stellen und die körperliche wie geistige Gesundheit von Mutter
und Kind fördern", schreibt die Jury. In den USA, in dem der Beruf der
Hebamme Anfang des 20. Jahrhunderts als angeblich überflüssig abgeschafft
worden sei, weil medizinische Geburten und Kaiserschnitte für Krankenhäuser
und Arzneimittelindustrie attraktiver waren, sei die 1940 geborene Gaskin
Vorbild für Hebammen geworden, "die es wagen, andere Wege zu gehen im
Versuch, Geburtshilfe menschlicher zu gestalten".
Ihr "Safe Motherhood Quilt Project"
([2][http://www.rememberthemothers.net/] ) versuche über
Informationsvermittlung und Forderung nach einem verpflichtenden System der
Berichtserstattung, Klassifizierung und Ursachenanalyse die in den USA
steigende Müttersterblichkeitsrate zu senken. Außerdem kämpfe sie gegen
Krankenhausroutinen, die ohne Not Neugeborene von ihren Müttern trennen,
sowie gegen puritanische Einstellungen, die viele Frauen vom Stillen
abhalten.
Der seit 1980 jährlich verliehenen Right Livelihood Award ehrt Personen und
Organisationen, die Lösungen für drängende Probleme unserer Zeit gefunden
haben. Ausgezeichnet werden Leistungen aus den Bereichen Menschenrechte,
Armutsbekämpfung, Frieden, Umweltschutz, Kultur sowie alternative
Technologien und Wirtschaftsmodelle.
29 Sep 2011
## LINKS
[1] http://www.farmlandgrab.org/
[2] http://www.rememberthemothers.net/
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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