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# taz.de -- Interview mit Star-Koch Alejandro Ruiz: "Mich leitet die Intuition"
> Mit 19 hatte er die erste Bar, sein erstes Profi-Gericht kochte er für
> den deutschen Bundespräsidenten Herzog: Alejandro Ruiz, der Meisterkoch
> von Oaxaca.
Bild: Eine Marktfrau mit gerösteten Heuschrecken: eine Spezialität in Oaxaca.
taz: Wie wird man Meisterkoch von Oaxaca?
Alejandro Ruiz: Mit 15 Jahren habe ich die Schule verlassen. Ich habe als
Tellerwäscher in einem Restaurant angefangen, dann als Kellner und
Barkeeper gearbeitet und mir die Grundtechniken des Kochens abgeguckt.
Sie haben keine Ausbildung zum Koch gemacht?
Nein, aber in Mexiko ist das normal. Ich komme vom Dorf, meine Eltern waren
Bauern, ich bin der Älteste von fünf Geschwistern. Schon früh habe ich von
meiner Mutter gelernt, wie man im Molcajete (Steinmörser; d. Red.) Salsa
macht und eine Guacamole zubereitet, wie guter Koriander riechen und
schmecken muss.
Wie ging es weiter auf der Karriereleiter?
Mit 16 Jahren zog ich an die Pazifikküste, wurde in einem Hotel in Puerto
Escondido schnell Chef der Kellnerbrigade. In diesem Hotel gab es viele
Stammgäste, aber das Menü war seit 25 Jahren immergleich. Deshalb fing ich
an zu kochen, habe den Gästen den Fisch einmal etwas anders serviert. Mit
16 bin ich übrigens auch schon Vater geworden.
Bei Ihnen ging alles offenbar schnell.
Ich war immer schnell. Mit 19 hatte ich schon meine eigene kleine
Taquería-Bar. Dann habe ich aber doch noch eine richtige Ausbildung
gemacht, zum Lehrer für Englisch als Fremdsprache. Aber eigentlich wollte
ich immer schon kochen und mein eigenes Restaurant haben.
Wie haben Sie das schließlich geschafft?
In der Bar El Sol y La Luna in Oaxaca habe ich eines Abends im Jahr 1997
Dieter Kronzucker, den deutschen Fernsehjournalisten, kennen gelernt. Er
besaß im historischen Zentrum ein kleines Boutiquehotel und lud mich später
dorthin auf einen Kaffee ein. Sofort habe ich gesehen, dass das der
perfekte Ort für mein Restaurant sein könnte.
Kurz darauf wurden Sie dann schon Restaurantchef im Casa Oaxaca.
Ja. Aber draußen hing kein Schild, alles lief nur auf Reservierung, die
Gäste kamen durch Mundpropaganda. Wir hatten ja nur fünf Tische und 20
Plätze. Wissen Sie, für wen ich das erste Mal so richtig professionell
gekocht habe?
Nein.
Eines Tages rief mich Dieter Kronzucker vom Flughafen Buenos Aires an: "Ich
bin mit meinem Bundespräsidenten Herzog unterwegs, wir wollen in Oaxaca
vorbeikommen. Kannst du für uns etwas kochen?" Ich war supernervös, aber es
klappte gut.
Und was haben Sie dem Präsidenten gekocht?
Einen Salat aus Nopalitos (Blättern des Feigenkaktus) mit Kürbisblüten und
Nüssen, gefüllte Zucchini mit einer Salsa aus Chile Poblano
(Schokoladen-Chili-Sauce), zum Nachtisch einen Kokosnusspudding und einen
Poleo-Tee, das ist ein lokaler Minztee. Aber damals war ich noch kein
professioneller Chef. Deshalb schickte mich Señor Kronzucker schließlich
nach Europa, ich lernte in Restaurants in San Sebastian und am Gardasee, im
VAU in Berlin und in der Weinstube am Tegernsee.
Zwölf Jahre nach der Präsidenten-Episode sind Sie ein gemachter Koch und
haben drei Restaurants in Oaxaca.
Aus der Notwendigkeit habe ich ein Konzept gemacht. Ich musste eine Nische
suchen, weil ich gegen die etablierten Restaurants mit ihrer traditionellen
Küche keine Chance hatte. Die ersten Monate bin ich täglich auf den Markt
gegangen und habe mir alle Verkäufer und ihre Produkte genau angeguckt.
Wenn man qualitativ gute Produkte hat, kann man auch gutes Essen
zubereiten. Das ist kein Geheimnis.
Wie sieht Ihr gastronomisches Konzept aus?
Das ist eine zeitgenössische Oaxaca-Küche mit authentischen Wurzeln. Als
Grundzutaten benutze ich regionaltypische Kräuter wie Hoja Santa und
Epazote sowie Chile, Mais, Calabaza (Kürbis) und Bohnen, also die Zutaten
der prähispanischen Küche; ich kombiniere sie mit Fisch oder
Meeresfrüchten, Lamm oder Wild und suche eine ästhetische Präsentation.
Aber ich folge nie einem Rezept, sondern lasse mich von meiner Intuition
und meinem Gaumen leiten.
Die mexikanische Küche hat in Europa nicht gerade einen guten Klang. Sie
gilt als einfach und mächtig, scharf und fettig.
Wir müssen dem spanischen Beispiel folgen. Auch dort waren die Produkte
immer schon gut, aber Gerichte wie die Paella lagen schwer im Magen. Dann
kam eine neue Generation von Küchenchefs wie Ferran Adrià und Pedro
Subijana, die die spanische Küche völlig umgekrempelt hat.
Und wie kann man die cocina mexicana umkrempeln?
Inzwischen haben viele Spitzenköche im Ausland gelernt und bieten jetzt
eine Neuinterpretation der traditionellen Küche an. Jenseits von Chile und
Mole, Reis und Bohnen. Auf dem Festival Madrid Fusión hat Ferran Adrià
gesagt, dass die Küche der Zukunft in Lateinamerika liegt. Ich glaube
felsenfest daran.
Infos: [1][www.casaoaxaca.com], [2][www.casaoaxacaelrestaurante.com]
1 Oct 2011
## LINKS
[1] http://www.casaoaxaca.com
[2] http://www.casaoaxacaelrestaurante.com
## AUTOREN
Günter Ermlich
## TAGS
Reiseland Mexiko
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