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# taz.de -- Video der Woche: Ein Zocker ist ein Zocker?
> In einem Interview mit der BBC packt Börsenmakler Alessio Rastani über
> die wahren Motive seiner Zockerzunft aus. Nun kommt heraus: Er ist gar
> keiner von ihnen.
Bild: "Wir haben die Wall Street gerettet – wo ist unsere Dividende?" Wütend…
So manch einer hat sich schon gefragt: Was sind das für Leute, die so
skrupellos auf das Ende des Euro wetten, auf fallende Aktienkurse, auf
Nahrungsmittel - ja auf den Niedergang ganzer Länder? Und auch wenn man ein
vages Bild vor Augen hat von den smarten Männern in adrettem Anzug,
seidener Krawatte und mit gegeltem Haar - häufig zu sehen sind sie auf
den Fernsehbildschirmen derzeit nicht. Um der Volkswut zu entgehen, machen
sie sich in der Öffentlichkeit offensichtlich rar.
Die angesehene BBC hat es aber geschafft. Dem britischen Fernsehsender ist
es gelungen, einen dieser feschen jungen Börsenhändler von der Londoner
City vor die Kamera zu locken: Alessio Rastani, untertitelt mit der
Berufsbezeichnung "Unabhängiger Händler", vorgestellt als Börsenmarkler und
Finanzmarktexperte. Und er gibt sogar ehrlich zu, wofür er steht und was er
macht: nämlich mit Spekulationen die Welt ruinieren.
Die Moderatorin ist nach dem Gespräch sichtlich fassungslos. Denn der junge
Mann hatte so richtig vom Leder gezogen. Er und seine Kollegen seien von
Furcht getrieben, auf den Börsenparketten werde schon lange nicht mehr an
die Euro-Rettungsmaßnahmen der Politiker geglaubt. Seine Zunft schere sich
einen Dreck um die Frage, welcher Schaden mit dem Niedergang der
europäischen Gemeinschaftswährung entstehen würde. Es ginge ihnen einzig
und allein um das schnelle Geld.
Und dann das: Seit drei Jahren würde er jede Nacht von einer Rezession
träumen. Auch daraus ließe sich viel Geld machen. Er empfahl selbst dem
kleinsten Anleger: "Retten Sie Ihr Vermögen. Zocken Sie mit." Auf das
schockierte Gestammel der Moderatorin antwortet er: "Nicht die Regierungen
regieren die Welt, sondern Goldman Sachs."
Nachdem das Interview über Youtube verbreitet und bereits nach wenigen
Stunden zehntausendfach aufgerufen wird, greifen auch die britischen Medien
seine Äußerungen empört auf: The Independent bezeichnet Rastani als den
Händler, der den Deckmantel gelüftet habe über das, was in dem
Bankenviertel wirklich gedacht werde. Und auf der Internetseite vom Daily
Mail heißt es, das Londoner Finanzviertel liebe das "wirtschaftliche
Desaster".
Wer so kaltschnäuzig das gängige Bild eines skrupellosen Finanzhais
bedient, kann nicht aus der Branche kommen, mutmaßen prompt die
eingeschnappten Banker in London. Und sie hegen den Verdacht, hinter diesem
jungen Mann könnten "The Yes Men" stecken, Spaßaktivisten aus New York,
denen es immer wieder gelungen war, mächtige Unternehmer und Politiker auf
die Schippe zu nehmen.
Doch der 34-jährige Rastani ist weder ein Banker noch ein Spaßguerillist,
sondern entpuppt sich schlicht als Unternehmer einer kleinen
Kommunikationsklitsche. Der Börsenhandel sei für ihn allenfalls ein Hobby.
Auf die Frage der Zeitung Daily Telegraph, warum er der BBC-Anfrage
eingewilligt habe, antwortet er: Er rede eben gern.
30 Sep 2011
## AUTOREN
Felix Lee
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