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# taz.de -- Einbürgerungsfeier im Schloss Bellevue: Grüß Gott!
> Erstmals lud Bundespräsident Christian Wulff zur Einbürgerung in seinen
> Amtssitz. Doch die Zahl der Einbürgerungen ist in den vergangenen zehn
> Jahren stark zurückgegangen.
Bild: Eine Einbürgerungskunde für Blanche Anita Räncker aus Togo.
BERLIN taz | Feierlicher geht es kaum. Der älteste Knabenchor Deutschlands,
der Domchor Berlin, singt einen "Willkommen"-Choral von Felix Mendelssohn
Bartholdy, und der Empfangssaal im Schloss Bellevue erstrahlt im hellen
Glanz. Zum ersten Mal hat Bundespräsident Christian Wulff am Freitag 22
Neubürger und -bürgerinnen mit Migrationshintergrund zu einer Feierstunde
in seinem Amtssitz geladen - in seinen Amtssitz am Rande des Berliner
Tiergartens, wo er sonst Staatsgäste, Diplomaten oder Ehrenbürger empfängt.
Bei der Zeremonie erinnerte Wulff an seine Rede zum Tag der Deutschen
Einheit vor einem Jahr, als er sagte, der Islam gehöre "inzwischen auch zu
Deutschland". Knapp 4.000 "eher kritische Zuschriften" habe er daraufhin
bekommen, gab er zu - aber auch etwa 200 Dankschreiben, gerade von "neuen
Deutschen". "Nicht Hautfarbe, Name oder Herkunft dürfen zählen, sondern
Leistung, Können und Engagement", gab er als Credo aus. "Wir fühlen uns
durch Sie bereichert", umwarb er seine Gäste im Alter von 7 bis 68 Jahren.
Nach der Zeremonie, der Nationalhymne und einem Gruppenbild mit dem
Präsidenten gab es noch einen Empfang, bei dem die Neudeutschen mit dem
Präsidenten plaudern konnten. Einige von ihnen stammen aus klassischen
Auswanderungsländern wie der Türkei, Polen oder China, andere aus
exotischeren Ecken der Welt wie Togo, Indonesien oder Georgien. "Sehr gut"
gefiel Manal Dawoud aus dem Gazastreifen die Feier, bei der sie und ihrer
kleine, zöpfchentragende Tochter die Urkunde aus der Hand des
Bundespräsidenten empfingen. Ihr Ehemann Khaled Faraj, ein Zahnarzt, war
auch dabei, hatte sich aber schon früher einbürgern lassen.
## 255 Euro für ein Ende der bisherige Staasbürgerschaft
"Schön" fand auch Liang Dong aus Jaingsu, der seit zwanzig Jahren als
Kellner in einem China-Restaurant in Berlin arbeitet, den offiziellen
Rahmen, seine beiden Töchter Yu und Jun, hier geboren, bestaunten derweil
die Gemälde im Schloss. "Hat mich überzeugt", meinte auch der 19-jährige
Engin Ayyildiz, der sich trotz deutschem Pass weiter als "halb Deutscher,
halb Türke" fühlt.
Wer in Deutschland lebt, kann sich einbürgern lassen - wenn er bestimmte
Voraussetzungen erfüllt: Er muss seit acht Jahren hier leben, ein
unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzen und - seit 2008 - einen
Einbürgerungstest bestehen. Er muss ausreichende Deutschkenntnisse
nachweisen, darf nicht vorbestraft sein und weder Sozialhilfe noch Hartz IV
beziehen. Wer kein EU-Bürger ist, muss seine bisherige Staatsangehörgkeit
aufgeben. 255 Euro kostet der Spaß außerdem.
Nach der rot-grünen Reform des Staatsangehörigkeitsrechts gab es einen
Schub, 186.688 Menschen ließen sich im Jahr 2000 einbürgern. Zehn Jahre
später waren es nur noch 101.570. An potenziellen Kandidaten mangelt es
dabei nicht: Rund 6,75 Millionen Menschen leben in Deutschland, die nur
eine ausländische Staatsbürgerschaft besitzen - und das, obwohl die
Mehrheit von ihnen seit mehr als 20 Jahren in Deutschland lebt oder sogar
hier geboren ist. Die größte Einzelgruppe davon, rund 1,63 Millionen - sind
türkische Staatsbürger. Mehr als ein Drittel aller Ausländer stammt aus
einem EU-Mitgliedsland - vor allem aus Italien und Polen. Sie haben ein
kommunales Wahlrecht und andere Privilegien.
Nordrhein-Westfalen macht sich nun für ein kommunales Wahlrecht auch für
Nicht-EU-Bürger stark. Baden-Württemberg will jetzt im Bundesrat eine neue
Initiative starten, um ihnen die [1][doppelte Staatsbürgerschaft] zu
ermöglichen. Und auch die Bundeswehr will stärker auf hier lebende
Ausländer setzen: Man solle ihnen eine "vereinfachte Einbürgerung"
ermöglichen, schlug der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus im Juni vor, als
die letzten Wehrpflichtigen die Kasernen verließen.
30 Sep 2011
## LINKS
[1] /Verbesserte-Integration/!75164/
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Schwerpunkt Deniz Yücel
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