# taz.de -- Ethisches Wirtschaften: Bilanz für Nachhaltigkeit statt Rendite | |
> Wie sehr dient ein Unternehmen der Allgemeinheit? Neun Unternehmen aus | |
> Bayern wollen das jetzt in einer "Gemeinwohlbilanz" ermitteln. | |
Bild: Von Christian Felber, Gründungsmitglied von Attac Österreich, stammt di… | |
MÜNCHEN taz | Sie wollen Pioniere sein und nicht weniger bewirken als einen | |
Wandel des bisher geltenden Wirtschaftssystems. Deshalb haben neun | |
Unternehmen aus Süddeutschland angekündigt, ihren Erfolg künftig nicht | |
anhand finanzieller Gewinne, sondern anhand ihres Beitrags zum Gemeinwohl | |
zu bemessen. | |
In den Jahresbilanzen der beteiligten Unternehmen soll es künftig darum | |
gehen, wie viel Kohlendioxid bei der Herstellung der Produkte entsteht, wie | |
weit die Gehälter von Vorstand und Mitarbeitern auseinanderklaffen und wie | |
familienfreundlich der Betrieb ist. | |
Ein Bewertungssystem mit 18 Kriterien soll die Gemeinwohlbilanz messbar und | |
branchenübergreifend vergleichbar machen. Am Mittwoch wurde das Konzept in | |
München vorgestellt; an diesem Donnerstag veröffentlichen die ersten 100 | |
Betriebe in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien ihre | |
Gemeinwohlbilanz auf der Internetseite der Initiative | |
([1][www.][2][gemeinwohl-oekonomie.org]). | |
"Solidarität, Ökologie und Demokratie müssen in der Geschäftsstrategie | |
eines Unternehmens mit der Ökonomie auf einer Stufe stehen", sagte Helmut | |
Lind, Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank. Die Vergangenheit habe | |
gezeigt, dass Wirtschaften ohne Ethik und Maß nicht funktioniere. | |
Von den neun deutschen Unternehmen, die sich an der Initiative beteiligen, | |
ist die regional orientierte Genossenschaftsbank das einzige | |
Finanzunternehmen. Die anderen beteiligten Firmen sind mehrheitlich | |
mittelständische Betriebe aus dem Ökolandbau. | |
## Punktabzug bei Menschenrechtsverletzung | |
Die Idee der Gemeinwohlbilanz stammt von Christian Felber, Gründer von | |
Attac Österreich und Dozent der Wirtschaftsuniversität Wien; die Kriterien | |
für die sozialen und ökologischen Auswirkungen einer Firma entwickelte er | |
letztes Jahr zusammen mit einer Reihe von österreichischen Unternehmern. | |
Hohe Punktabzüge gibt es, wenn ein Unternehmen die ILO-Arbeitsnormen oder | |
die Menschenrechte verletzt, gegen Umweltauflagen verstößt oder zur | |
Gewinnmaximierung seinen Standort verlegt. Insgesamt kann ein Unternehmen | |
so bis zu 1.000 Punkte erreichen. | |
Während die Nachhaltigkeitsbilanzen anderer Unternehmen keiner externen | |
Prüfung unterzogen werden und oft unter dem Verdacht des Greenwashings | |
stehen, soll die Gemeinwohlbilanz in Zukunft von externen, unabhängigen | |
Auditoren überprüft werden. Dies ist bislang noch nicht der Fall. Man stehe | |
mit dem System am Anfang, sagte Lind. | |
"Sinn und Zweck dieser Bilanz ist nicht, dass morgen jeder 1.000 Punkte | |
erreicht." Die Gemeinwohlbilanz sei vielmehr als Transformationsmodell zu | |
verstehen, mit dem Ziel, die Systemweichen langfristig von den Kriterien | |
"Konkurrenz" und "Gewinnstreben" auf das Wohl aller umzustellen. | |
6 Oct 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.gemeinwohl-oekonomie.org | |
[2] http://www.gemeinwohl-oekonomie.org | |
## AUTOREN | |
Marlene Halser | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |