| # taz.de -- Triathlon Ironman: Allein im Lava-Feld | |
| > Der dritte Sieg von Craig Alexander beweist, dass der Ironman auf Hawaii | |
| > eine unberechenbare Grenzerfahrung bleibt. Das kann Andreas Raelert nur | |
| > bestätigen. | |
| Bild: Trotz Krämpfen sich ins Ziel gekämpft: Craig Alexander. | |
| Zwar lehnte sich Andreas Raelert nach dem härtesten Tag des Jahres halbwegs | |
| entspannt an die Pier von Kailua-Kona, allerdings war der deutlich | |
| sichtbare Cut über seinem geschwollenen linken Auge eine fast schon | |
| symbolhafte Blessur. Der 35-Jährige hat statt der erhofften Krönung zum | |
| Weltmeister beim legendären Ironman auf Hawaii nur schmerzhaftes Lehrgeld | |
| gezahlt, doch daran war nicht die im Gerangel beim Ausstieg aus dem Wasser | |
| erlittene Verletzung schuld. | |
| "Ich hatte zeitweise leichte Orientierungsschwierigkeiten, aber das hat | |
| mich nicht behindert", räumte der Rostocker ehrlicherweise ein. Zum | |
| Ausdauerkönig von Kona krönte sich wie schon 2008 und 2009 der Australier | |
| Craig Alexander, der die Strapazen über 3,8 Kilometer Schwimmen im offenen | |
| Meer, 180 Kilometer Radfahren durch die Lavawüste und 42,195 Kilometer | |
| Laufen in sengender Sonne zwar wegen diverser Krämpfe auch nicht | |
| unfallfrei, aber doch in 8:03:56 Stunden absolvierte und damit auch gleich | |
| den aus dem Jahre 1996 stammenden Streckenrekord des Belgiers Luc van | |
| Lierde (8:04:08) pulverisierte. | |
| Der siegreiche Doppelweltmeister - erst vor vier Wochen hatte der zweifache | |
| Familienvater auf der halben Distanz reüssiert - war um pathetische Worte | |
| nicht verlegen, nachdem ihm Sanitäter wieder auf die Beine halfen. "Ich | |
| wünschte, jeder auf der Welt könnte fühlen, was ich auf der letzten Meile | |
| gefühlt habe", berichtete der 38-Jährige, der sich in jungen Jahren auf dem | |
| fünften Kontinent zunächst als Fußballer versuchte. Sein Landsmann Pete | |
| Jacobs (8:09:11) sicherte sich in einem packenden Duell gegen Raelert | |
| (8:11:07) den zweiten Platz. | |
| ## "Es gibt keine Garantien" | |
| "Die letzten Kilometer hatten mit Laufen nichts zu tun, das war ein Kampf | |
| ums Überleben", sagte Raelert. "Ich habe alles probiert, aber es waren | |
| einfach zwei Athleten besser als ich. Im Sport gibt es keine Garantien", | |
| sagte der Drittplatzierte. Mit einer ganz anderen Wahrheit konfrontierte | |
| ihn noch im Zieleinlauf der Hawaii-Veteran Faris Al-Sultan. "Regensburg | |
| weglassen! Regensburg weglassen! Du hast es doch drauf!", rief ihm der als | |
| Zehnter ins Ziel gekommene Europameister bei einem Dialog vor laufender | |
| Kamera zu- eine Anspielung auf den möglicherweise entscheidenden Fehler des | |
| Topfavoriten in der WM-Vorbereitung. | |
| Raelerts sommerliche Saisonplanung beinhaltete den Start bei der | |
| Challenge-Konkurrenzveranstaltung in Roth, wo er zwar mit einer | |
| Weltbestzeit verblüffte, danach jedoch im August noch den Ironman | |
| Regensburg absolvieren musste, um überhaupt die neuen | |
| WM-Qualifikationskriterien zu erfüllen. In der Donaumetropole riss sich | |
| Raelert indes ein Band im rechten Fuß und finishte nur unter großen | |
| Schmerzen. | |
| Und erst kürzlich hatte er eingeräumt: "Ich bin mir bewusst, dass der Start | |
| in Regensburg ein Stück weit Energie gekostet hat." War es nun | |
| verwunderlich, dass der zähe Modellathlet nach 130 Kilometern hinter dem | |
| Wendepunkt in Hawi auf dem Rad abreißen lassen musste und beim Marathon zum | |
| Alii Drive letztlich "keine Körner" mehr hatte? | |
| ## Verpasster Anschluss, ermüdende Alleinfahrt | |
| Wie wenig planbar die wohl härteste Triathlon-Prüfung der Welt ist, zeigten | |
| zudem der sensationelle vierte Platz des für Luxemburg startenden Schwaben | |
| Dirk Bockel als auch die emotionale Achterbahnfahrt des auf Rang fünf | |
| platzierten Timo Bracht. Der akribisch präparierte Eberbacher war auch | |
| lange nach Zielschluss völlig aufgewühlt, "weil ich meinen Plan nach 40 | |
| Radkilometern umschmeißen musste". Verpasster Anschluss, ermüdende | |
| Alleinfahrt, "das war viel Aufwand für den Kopf". Wie so viele wollte auch | |
| der 36-Jährige schon aufgeben, kämpfte sich dann aber beim Marathon nach | |
| vorne. "Kaum zu glauben, wofür es hätte reichen können", haderte Bracht. | |
| Doch letztlich sei er froh, "dass ich nicht in den Lavafeldern gelandet | |
| bin". | |
| Auch bei den Frauen prägten unberechenbare Grenzerfahrungen den | |
| Rennverlauf: Denn dass die 34-jährige Chrissie Wellington (8:55:08) zum | |
| vierten Male reüssierte, war nach einem erst vor zwei Wochen erlittenen | |
| Radsturz mit zahlreichen Schürfwunden und Prellungen und dem couragierten | |
| Auftritt der Vorjahressiegerin Mirinda Carfrae (8:57:57) nicht unbedingt zu | |
| erwarten gewesen. "Dieses Rennen bedeutet mehr als alles andere für mich. | |
| Es ist der süßeste Sieg", flötete die Britin, deren mannhafte | |
| Ausnahmeleistungen jedoch seit Jahren auch kräftig Argwohn schüren. | |
| 9 Oct 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Frank Hellmann | |
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