# taz.de -- Deutscher Buchpreis für Eugen Ruge: Die Utopie des Sozialismus | |
> Eugen Ruge bekommt den Deutschen Buchpreis für seine DDR-Familiensaga. | |
> "In Zeiten des abnehmenden Lichts" erzählt die Geschichte einer | |
> weitverzweigten Familie aus der DDR. | |
Bild: Seit der Wende am Roman gearbeitet: Eugen Ruge. | |
FRANKFURT/MAIN dpa | Eine Dankesrede hat er nicht vorbereitet: "Da bin ich | |
zu abergläubisch", sagt Eugen Ruge, als er am Montagabend im Frankfurter | |
Rathaus für seine DDR-Familiensaga "In Zeiten des abnehmenden Lichts" den | |
Deutschen Buchpreis erhält. Auf die Ehrung reagiert der 57-Jährige ganz | |
nüchtern - schließlich ist er ja Mathematiker. Dabei ist die Auszeichnung | |
so etwas wie die Krönung eines Lebenswerks. Seit der Wende hat er über | |
seinem Roman gebrütet - und jetzt wird sein Erstlingsprosawerk gleich zum | |
"Roman des Jahres" gewählt. Allerdings gehörte Ruge mit seinem hochgelobten | |
Buch zu den Favoriten unter den sechs Finalisten. | |
Auf 430 Seiten hat Ruge vier Generationen untergebracht. Der stark | |
autobiografisch geprägte Roman ist zwischen Berlin, der Sowjetunion und | |
Mexiko angesiedelt. Es ist kein Wenderoman, sondern es geht um die | |
Geschichte einer weitverzweigten Familie, die an die DDR mal geglaubt hat - | |
mit allen Hoffnungen und zerstörten Illusionen. "Sein Buch erzählt von der | |
Utopie des Sozialismus, dem Preis, den sie dem Einzelnen abverlangt, und | |
ihrem allmählichen Verlöschen", heißt es in der Begründung der | |
siebenköpfigen Jury weiter. | |
Ruges Gesellschaftspanorama unterscheidet sich gewaltig von Uwe Tellkamps | |
Roman "Der Turm", der 2008 als beste literarische Neuerscheinung des Jahres | |
ausgezeichnet wurde. Tellkamp hat vor allem die letzten Jahre der | |
untergehenden DDR in seiner Dresdner Heimat nachgezeichnet. Bei Ruge geht | |
es um eine ganze Epoche. Und während Tellkamp mit seinen unendlichen | |
verschachtelten Sätzen auf 1000 Seiten ein Epos in Buddenbrookschem Ausmaß | |
schuf, geht der Naturwissenschaftler Ruge in nüchternem Stil und klaren | |
Sätzen ans Werk. | |
## "Große Unterhaltsamkeit" | |
Das macht Ruges Buch auch für einen großen Kreis lesbar. Nicht umsonst | |
steht es seit Wochen auf der Bestsellerliste. Das Buch zeichne sich trotz | |
des anspruchsvollen Themas "durch große Unterhaltsamkeit und einen starken | |
Sinn für Komik aus", stellte die Jury fest. | |
Die Juroren ließen sich auch nicht davon abschrecken, dass Ruge vor wenigen | |
Tagen bereits den "aspekte"-Literaturpreis erhalten hat. 2009 war bereits | |
das Manuskript des Romans mit dem Alfred-Döblin-Preis ausgezeichnet worden | |
- was ihm die Weiterarbeit an seinem Familienprojekt erst ermöglicht hat. | |
Ruge, dessen Vater ein bekannter marxistischer DDR-Historiker war, bedient | |
sich geschickter Perspektivwechsel im Buch. Da half seine Bühnenerfahrung. | |
"Ich habe eine Menge mitgenommen vom Theaterschreiben", sagt er. Damit | |
begann er noch zu DDR-Zeiten. 1988 ging Ruge dann in den Westen. Seitdem | |
arbeitet der in Berlin und auf Rügen lebende Ruge nicht nur fürs Theater, | |
sondern auch als Übersetzer. Von den 37.500 Euro, mit denen der Deutsche | |
Buchpreis dotiert ist, erhält Ruge 25.000 Euro. Und natürlich die Tantiemen | |
aus dem Bestseller. Für ihn selbst werde sich aber nichts ändern, meint er | |
bescheiden. Er hoffe aber, dass sein Buch auch Vorurteile gegenüber der DDR | |
abbauen könne. | |
11 Oct 2011 | |
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