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# taz.de -- "Atomkrieg" im Hause Bettencourt: L'Oréal-Milliardärin entmündigt
> Am Ende eines jahrelangen Mutter-Tochter-Streits wird Frankreichs
> reichste Frau entmündigt. Der Anwalt der 88-jährigen Liliane Bettencourt
> kündigte Einspruch gegen die Entscheidung an.
Bild: Auch in der Farbe des Schals sind sich Mutter und Tochter Bettencourt une…
PARIS afp | Es geht um die schwindelerregende Summe von 17 Milliarden Euro,
um Intrigen und politischen Einfluss. Nach quälenden Monaten eines
erbitterten Familienstreits hat nun die Tochter der fast 89-jährigen
L'Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt vorerst den Sieg errungen: Die
reichste Frau Frankreichs wird unter Vormundschaft gestellt, weil sie einem
ärztlichen Gutachten zufolge nicht mehr im Vollbesitz ihrer geistigen
Kräfte ist. Doch die alte Dame gibt auch jetzt noch nicht klein bei. Ihre
Anwälte kündigten nur wenige Stunden nach dem Gerichtsentscheid am Montag
Widerspruch an. Und die Hauptaktionärin des Kosmetikkonzerns L'Oréal hat
ihrer einzigen Tochter unlängst einen "Atomkrieg" angedroht, sollte die
ihre "Schikanen" nicht beenden.
Bettencourt und ihre Tochter Françoise Bettencourt-Meyers streiten sich in
aller Öffentlichkeit seit Jahren. Eine Aussöhnung Ende 2010 war nur von
kurzer Dauer, danach ging die Familienfehde mit persönlichen Anfeindungen
munter weiter. Die Tochter hält ihre Mutter schon seit langem nicht mehr
für zurechnungsfähig; in deren Entourage sieht sie Berater und Anwälte, die
den Zustand der alten Dame ausnutzen. Der jüngste Konflikt entzündete sich
am Anwalt Pascal Wilhelm, der die Milliardärin überredet haben soll, mehr
als 140 Millionen Euro in ein Internet-Glücksspiel-Unternehmen zu
investieren.
Doch Liliane Bettencourt, die diese Woche 89 Jahre alt wird, will nach wie
vor selbst entscheiden, was sie mit ihrem Geld anstellt. Sollte sie
entmündigt werden, werde sie ins Ausland gehen, hatte die stets akkurat
gekleidete Dame ihre Tochter, die Öffentlichkeit und auch die französische
Steuerkasse wissen lassen. Doch das Vormundschaftgericht von Courbevoie bei
Paris ließ sich nicht beeindrucken: Ärztlichen Gutachten zufolge leidet die
alte Dame unter fortschreitender Demenz.
In den Interviews, die Liliane Bettencourt nach wie vor gibt, klingt sie
aber äußerst klar und kämpferisch - vorausgesetzt, die alte Dame wählt ihre
Worte noch selbst, ohne Hilfe ihrer Berater. So nannte sie ihre Tochter im
Juni "gestört". Der Sonntagszeitung "Journal du Dimanche" sagte sie: "Meine
Tochter sollte zu einem Psychiater gehen angesichts ihrer vielen
psychologischen Probleme."
Der Krieg der beiden Frauen hatte vor allem im vergangenen Jahr wochenlang
die Schlagzeilen in Frankreich beherrscht. Dabei kamen eine ganze Reihe von
Affären zutage, die auch zur Ablösung des damaligen Arbeitsministers und
Schatzmeisters der Regierungspartei UMP, Eric Woerth, führten. Denn die
Milliardärin soll nicht nur Steuern hinterzogen, sondern auch die
Konservativen mit illegalen Parteispenden bedacht haben. So untersuchte die
Justiz, ob 150.000 Euro für den Präsidentschaftswahlkampf von Nicolas
Sarkozy im Jahr 2007 flossen. Den mutmaßlichen Steuerbetrug und weitere
dubiose Finanztransaktionen gestand Bettencourt indirekt ein, die illegalen
Spenden nie.
Auslöser der Tragödie zwischen Mutter und Tochter war ein Freund der
L'Oréal-Erbin, der Künstler und Salonlöwe François-Marie Banier. Weil er
ihre Mutter um fast eine Milliarde Euro in Form von Gemälden, Immobilien,
Lebensversicherungen und Schecks erleichtert haben soll, versuchte die
Tochter mehrfach, ihre Mutter entmündigen zu lassen. Doch die mächtige
Herrscherin des Kosmetik-Imperiums konnte zunächst alle Versuche abwehren.
Nun hat ihre Tochter vorerst gewonnen.
Brisant ist der Streit im Hause Bettencourt auch aus einem anderen Grund:
Der Konzern L'Oréal hat bis zu Bettencourts Tod ein Stillhalteabkommen mit
dem zweitgrößten Anteilseigner, dem Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé.
Was aus dem größten französischen Unternehmen wird, wenn Liliane
Bettencourt entmündigt ist, ist nicht genau geregelt. Die Tochter ließ das
Unternehmen aber noch am Montag rasch wissen, dass sich für L'Oréal nichts
ändern werde. Die alte Dame wird nun ungeachtet ihres Widerspruchs erst
einmal unter Vormundschaft ihres 25-jährigen Enkels Jean-Victor Meyers
gestellt, die Verwaltung ihres Vermögens werden ihrer Tochter und ihren
Enkeln übertragen.
17 Oct 2011
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