Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Fernsehen: Bermudadreieck des Bügelfernsehens
> Wer krank ist, schaut auch dann fern, wenn normalerweise nur RTL-Loser
> einschalten. Und sieht reihenweise Männer am Herd.
Es gibt wenige Regeln in meinem Leben - zu wenige, würde meine tolle neue
Hausärztin sagen, mit strengem Mutterblick über ihre Brille hinweg. Deshalb
hat sie gleich mal ein paar neue aufgestellt: keine Milch, kein Zucker,
kein … Spaß. Die apokalyptischen Szenarien, die sie mir vorhin in ihrer
Sprechstunde mal eben schnell skizziert hat, erspare ich Ihnen lieber. Mir
ist selber noch ganz anders. Aber meine Schilddrüse ist von normalem Wuchs,
immerhin.
Machen wir uns nichts vor: Ich bin ein kranker Mann - und steigere mich da
kein bisschen rein. Ich habe das sogar schriftlich: Krankgeschrieben hat
meine tolle neue Hausärztin mich - wegen eines Virusinfekts. Ich war also
eh schon geschwächt, als mich die weiteren Hiobsbotschaften aus meinem
Innern erreichten. Jetzt liege ich also wieder in meinem Bett und kuriere
mich aus.
Nach einem kurzen Nickerchen werde ich wohl wieder ins Wohnzimmer umziehen
und die bis dato einzige goldene Regel in meinem Leben brechen, wie schon
gestern und vorgestern und morgen wohl auch - immerhin das halte ich durch.
Die Regel lautet: kein Fernsehen vor acht. Tagsüber Fernsehen ist für Loser
wie die bei RTL. Oder für Krankgeschriebene wie mich.
Scripted-Reality-Dokus, Gerichtsshows, US-Comedyserien, Soaps, Telenovelas,
Boulevardmagazine - im toten Winkel meiner Aufmerksamkeit geht es nicht
allzu komplex zu. Der Nachmittag gehört dem Bügelfernsehen. Es ist nicht
mehr als ein Soundteppich gegen die Stille und will auch gar nicht mehr
sein.
Deswegen stört sich auch niemand daran - wenn es denn überhaupt jemand
merkt -, dass das ZDF zweimal die gleiche Sendung hintereinander sendet. Um
14.15 Uhr läuft "Die Küchenschlacht" und um 15.05 Uhr "Die Topfgeldjäger" -
gekocht wird im Nachmittagsprogramm also auch, natürlich. Und nur mit
Wasser, wie die Ähnlichkeiten der Formate zeigen: In beiden Sendungen
treten Hobbyköche gegeneinander an, am Ende jeder Sendung verkostet ein
Juror, TV-Koch wie der Moderator, das Ergebnis und bewertet. Wer gewinnt,
darf wiederkommen und weiterkochen.
Der einzige nennenswerte Unterschied ist, dass Moderator Steffen Henssler
in "Die Topfgeldjäger" kurz allein was brutzelt und vier Quizfragen stellt.
Ein rührender Versuch, von den Parallelen abzulenken. Henssler und Juror
Frank Rosin waren vorher bei der "Küchenschlacht", bevor sie im Sommer 2010
ihre eigene Show bekamen, in der sie seither ihre lauwarme Hassliebe
pflegen.
"Die Fernsehmacher stehen für frische Ideen und innovative Konzepte", heißt
es auf der Website der Produktionsfirma beider Formate. Dem ZDF schenken
sie außerdem das innovative Konzept "Lafer! Lichter! Lecker!". Darin treten
die Fernsehköche Johann Lafer und Horst Lichter mit je einem prominenten
Beikoch gegeneinander an.
Und trotzdem bleibe ich beim Zappen immer wieder bei Kochshows hängen wie
bei Partys in der Küche. Heute erst recht! Ist das Zuschauen doch das
Einzige, was mir geblieben ist, jetzt, da ich nach dem Willen meiner tollen
neuen Hausärztin kaum noch was essen darf.
20 Oct 2011
## AUTOREN
David Denk
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.