# taz.de -- Kolumne Unbeliebt: Nie mehr Kennedy | |
> Die CDU in Berlin verhandelt mit Wowereit über eine Regierung. Frank | |
> Steffel, ein Best-of-Verlierer, darf mitmachen. Zum Glück hat er gelernt | |
Bild: Herausstechend: Frank Steffel ist wahrlich nicht irgendein Präsidentscha… | |
Der Berliner Politiker Frank Steffel nascht gerade ein bisschen von der | |
Macht. In der Hauptstadt verhandeln CDU und SPD über eine Regierung, weil | |
Rot-Grün schiefgegangen ist. | |
Und Steffel, eigentlich Bundestagsabgeordneter, gehört in diesen Tagen zur | |
Verhandlungsdelegation von CDU-Chef Henkel. Er ist für Wirtschaft | |
zuständig. "Wirtschaft und Arbeit", verkündet er, das könne die Überschrift | |
der neuen Regierung werden, "ein Stück weit Primat." | |
Natürlich hätte ich jetzt gern, dass er sich wichtigmacht, wo wir so schön | |
in seinem Bundestagsbüro an der Spree sitzen. Dass er ein politisches | |
Projekt ausruft. Damit liebäugelt, vom Bundestag in den Berliner Senat zu | |
wechseln. Dass er richtig reinhaut. Ich gebe Stichwörter - Amt? Würden? | |
Wichtigkeiten? -, baue alles wie ein Buffet vor ihm auf. Aber er geht | |
vorbei. Er kommt den Köstlichkeiten nicht zu nahe. Nicht noch mal. | |
Denn Unbeliebtheit ist eine harte Schule und eine gute. Steffel hatte den | |
Leistungskurs darin belegt. | |
2001 ist die CDU in Berlin als Regierungspartei untergegangen. Eberhard | |
Diepgen, Klaus-Rüdiger Landowsky, ein Bankenskandal, ein Milliardenloch. | |
Ein 35 Jahre alter Abgeordneter aus Reinickendorf blieb übrig, Steffel. Ein | |
Meter neunzig, Handballer, Wirtschaftsstudium, Doktor gemacht, die Firma | |
des Vaters ausgebaut, ins Abgeordnetenhaus gewählt. | |
Er war von sich überzeugt. Er musste nur wollen, und alles war möglich. Er | |
wurde Fraktionschef und Spitzenkandidat, und obwohl die CDU unten war, | |
hofierten ihn die Funktionäre und Lobbyisten, man kann ja nie wissen. Kohl | |
soll gesagt haben: "Frank, Sie müssen das machen." Ein paar Beliebtmacher | |
von einer Werbeagentur kreieren ein Bild von ihm: der Kennedy von der | |
Spree. | |
Die Agenturleute haben ihn am höchsten gehoben, auf die maximale Fallhöhe, | |
denn ein Kennedy verliert nicht. Vielleicht hat er den Unsinn einen Moment | |
selbst geglaubt, jedenfalls bekommt sein weiches Gesicht eine bittere | |
Schärfe, wenn er darüber redet. | |
Er ist dann zwischen die Elefanten geraten. Kohl gegen Schäuble, Gysi kam | |
dazu, Wowereit trat auf, und zwischendurch trabte Diepgen durchs Bild. Mit | |
Stoiber stand er auf dem Alex, und dann sind die Eier geflogen. | |
"Stoiber läuft rückwärts, ich stehe hinter ihm und mache so." Er hebt die | |
Hände zur Abwehr in seinem Bundestagsbüro. "Und dann heißt es: Steffel | |
versteckt sich hinter Stoiber. So ein Bild, das kriegen Sie nie mehr weg." | |
Er tut einem fast leid, wenn er davon erzählt, ein Halbstarker mit großen | |
Augen, der rumgeschubst wurde. Er hat reichlich Mist geredet im Wahlkampf, | |
und kurz vor der Wahl im Herbst 2001 flogen auch noch Flugzeuge ins World | |
Trade Center. Schröder, Wowereit, alle Sozis wurden Amerikaner - was zählt | |
da ein Kennedy aus Reinickendorf, der eigentlich Bodenbeläge verkauft. Ein | |
Teppichhändler. | |
Zehn Jahre später hat die CDU mit Steffels ehemaligem Büroleiter gewonnen, | |
Frank Henkel, der so aussieht, dass ihn der dämlichste Reklamefritze nicht | |
mal als Kennedys Hausmeister ausgeben würde. | |
Eigentlich war Henkels Ergebnis sogar noch ein paar Zehntel schlechter als | |
damals Steffels. Aber Macht ist Macht. | |
Und die macht beliebt. Bei Steffel klingeln die Telefone jetzt wieder | |
öfter, die Hauptstadtprovinzler im Bundestag sind wieder wer. Es könnte die | |
reinste Völlerei werden. Aber Steffel achtet jetzt auf die Kalorien - die | |
Brennwerte. Er kostet nur. | |
21 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Georg Löwisch | |
## TAGS | |
Fußball-Bundesliga | |
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