| # taz.de -- Freimarkt kontrovers: Katerstimmung im Festzelt | |
| > Durch Forderungen nach Mindestlohn und Beteiligung an den Kosten neuer | |
| > Stromkabel auf der Bürgerweide sehen SchaustellerInnen sich finanziell | |
| > bedroht. | |
| Bild: Beim SPD-Frühschoppen stellen sich Politiker der Lobby der Schausteller … | |
| Wenn die SchaustellerInnen sich zum traditionellen "Frühschoppen" mit der | |
| SPD im Festzelt treffen, dann geht es gewöhnlich nicht ums Vergnügen. | |
| "Man sieht hier manch einem an, dass er bis gestern spät gearbeitet hat", | |
| sagte Sükrü Senkal, innenpolitischer Sprecher der SPD, zur Begrüßung im | |
| Riverboat-Festzelt. Wohl, um das Eis zu brechen, denn er hatte einen | |
| schweren Stand. In den Gassen des Jahrmarkts brachten die ArbeiterInnen die | |
| Buden schon wieder auf Hochglanz, während die anderen diskutierten. Vier | |
| Millionen BesucherInnen wollen bespaßt werden, die BetreiberInnen dafür | |
| mehr Anerkennung. | |
| Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) war trotz Ankündigung nicht | |
| gekommen, er weilt im Urlaub. Terminlich sei das übersehen worden, sagt | |
| sein Sprecher. Die Abwesenheit von Politikern war um so mehr Thema. "Nur | |
| Ulrich Mäurer hat sich zu Eröffnung des Freimarktes blicken lassen", klagte | |
| Carl-Hans Röhrßen, Geschäftsführer des Schaustellerverbandes. "Beim | |
| Münchner Oktoberfests aber, da kommen Bürgermeister und Ministerpräsident." | |
| Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) hatte stattdessen unter den | |
| SchaustellerInnen mit der Forderung nach Mindestlohn für Unmut gesorgt. "Es | |
| ist eine Frechheit, uns unter Generalverdacht zu stellen", sagte Robert | |
| Weinert, Betreiber des "Riverboat"-Festzeltes. Den Aushilfskräften würden | |
| ohnehin zwischen 8,50 und neun Euro Netto gezahlt. | |
| Bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hingegen gingen jedes | |
| Jahr Beschwerden über niedrige Löhne ein, so NGG-Sprecher Christian | |
| Wechselbaum. "Wo andere feiern dürfen nicht gleichzeitig Armutslöhne | |
| gezahlt werden." | |
| Im Festzelt versuchte Sükrü Senkal zu beruhigen. "Überall gibt es schwarze | |
| Schafe, auch unter den Schaustellern. Aber ich gehe davon aus, dass | |
| vernünftig gezahlt wird." | |
| Böhrnsen hatte angekündigt, bei der nächsten öffentlichen Vergabe der | |
| Standplätze einen Mindestlohn von 8,50 Euro zur Bedingung zu machen. Bei | |
| anderen Aufträgen, die die Stadt vergibt, ist dies seit 2009 Teil des | |
| Ausschreibung. Bei der Vergabe der Standplätze aber wird dies bislang nicht | |
| berücksichtigt. | |
| Dieses Jahr hatten sich 1.000 SchaustellerInnen für die 300 | |
| Freimarktsplätze beworben. "Oberster Grundsatz bei der Auswahl ist ein | |
| ansprechendes Marktbild", sagte Petra Kodré, Sprecherin des Innenressorts. | |
| Um den Mindestlohn als Kriterium aufzunehmen, müsste wohl ein Gesetz | |
| erlassen werden, so Kodré. | |
| Unmut im Festzelt herrschte auch über die offenen Finanzierungsfragen der | |
| geplanten Elektrosanierung der Bürgerweide. Die 30 Kilometer Erdkabel | |
| stammen aus den 60er Jahren - im Jahr 2012, zwischen Osterwiese und | |
| Freimarkt, sollen sie erneuert werden. Das kostet 5,3 Millionen Euro. Und | |
| weil fast ausschließlich die SchaustellerInnen der Osterwiese und des | |
| Freimarkts sie benutzten, sollen die mit dafür bezahlen, heißt es aus dem | |
| Wirtschaftsressort. Doch die Verhandlungen darüber stocken. 177.000 Euro | |
| wären es jährlich, über 30 Jahre. "Da bezahlen unsere Kinder noch", meldete | |
| sich einer der Betreiber zu Wort. | |
| 26 Oct 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Jean-Philipp Baeck | |
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