# taz.de -- Sanierung des Atommüll-Lagers Asse: Wer hat Angst vor strahlender … | |
> Eine Medizintechnik-Firma plant, verseuchte Lauge aus der maroden Asse in | |
> Braunschweig zu reinigen. Niedersachsens Umweltministerium dementiert. | |
Bild: Der Stollen säuft ab: Ein Becken fängt die Natriumchlorid-Lauge auf, di… | |
Um die Bergung der radioaktiven Abfälle aus dem maroden Atommülllager Asse | |
gibt es neuen Ärger. 80.000 Liter verseuchte Lauge sind aus Kammern des | |
ehemaligen Bergwerks ausgetreten und müssen entsorgt werden. Ein Job, für | |
den sich die Strahlen- und Medizintechnik-Firma Eckert & Ziegler mit ihrem | |
Standort in Braunschweig bestens gewappnet sieht, wie sie am Donnerstag | |
vermeldete. Vom niedersächsischen Umweltministerium gab es dafür umgehend | |
ein Dementi. | |
Lediglich einen Versuch habe das Unternehmen, das am Stadtrand von | |
Braunschweig ein "Kompetenzzentrum für sichere Entsorgung" unterhält, im | |
Auftrag des Landes durchgeführt: 80 Liter verseuchter Laugensumpf seien in | |
Braunschweig mit einem Ionenaustauschverfahren gereinigt worden, sagt Inka | |
Burow, Sprecherin des Umweltministeriums. Die 26.000 Becquerel pro Liter | |
seien dabei restlos herausgefiltert worden - "Quellwasserqualität" habe die | |
übrige Flüssigkeit danach gehabt. | |
"Infrastruktur, Geräte sowie sämtliche Genehmigungen", um auch die | |
kompletten 80.000 Liter Asse-Lauge zu entsorgen, seien in Braunschweig | |
"heute vorhanden", hieß es am Donnerstag in einer Pressemitteilung von | |
Eckert & Ziegler. Man könne "den Sumpf trocken legen und endlich beginnen, | |
Niedersachsen vom Vermächtnis der Einlagerungen zu befreien", lässt sich | |
Geschäftsführer Andreas Eckert darin zitieren. | |
Die Asse-Lauge - ein gutes Geschäft für die weltweit tätige Firma, die | |
bereits 1999 an die Börse gegangen ist. Sie ist Hersteller von radioaktiven | |
Produkten vor allem für die Krebstherapie, bietet aber auch die Entsorgung | |
schwach radioaktiver Abfälle an, die in Krankenhäusern, Arztpraxen und | |
Industrie anfallen. Pünktlich zum Atomausstiegsbeschluss im Sommer hatte | |
Geschäftsführer Eckert sein Unternehmen als eines der drei potenziellen | |
Dienstleister für den Rückbau deutscher Atomkraftwerke gerühmt und sich | |
auch Chancen auf Aufträge bei der Bergung des Asse-Mülls ausgerechnet: "Der | |
Weg wäre nicht weit", so Eckert damals zum Tagesspiegel. In Braunschweig | |
sitze man "in unmittelbarer Nähe" zur Asse. | |
Das Umweltministerium hingegen schließt eine Entsorgung in Braunschweig | |
kategorisch aus. "80 Liter sind etwas anderes als 80.000", sagt Sprecherin | |
Burow, "wir sehen nicht, dass das in Braunschweig möglich ist." Es gebe | |
eine "Reihe von technischen und logistischen Fragen", die Eckert & Ziegler | |
bislang nicht beantwortet habe. So fehle etwa ein konkreter Zeitplan und | |
auch zu den Kosten gebe es keine Angaben. | |
Das Unternehmen selbst weist die Vorwürfe von sich: "Selbstverständlich" | |
könne man in Braunschweig auch ein höheres Volumen handhaben, sagt eine | |
Sprecherin auf Anfrage. "Wir haben alle Kapazitäten, die wir brauchen." | |
Hinter der Absage des Umweltministeriums vermutet sie politisches Kalkül. | |
Die Asse-Lauge könnte schon längst beseitigt sein - Politik und Behörden | |
teilten aber die Auffassung, "dass man den Bürgern nirgendwo zumuten könne, | |
eine Aufarbeitung der eigentlich harmlosen Lauge hinzunehmen", sagt die | |
Sprecherin. | |
In Braunschweig ist der Protest gegen die Asse-Lauge und Eckert & Ziegler | |
in der Tat groß. Erst kürzlich hat sich hier die Bürgerinitiative | |
Strahlenschutz gegründet. Bürgerversammlungen zum Thema Asse-Lauge ziehen | |
regelmäßig weit über 100 Menschen an. "Es richtet sich aber keiner dagegen, | |
dass der Müll aus der Asse raus soll", sagt Peter Rosenbaum von der | |
Ratsfraktion der Bürgerinitiativen Braunschweigs. "Dass etwas getan werden | |
muss, ist klar." Das "Kompetenzzentrum für sichere Entsorgung" von Eckert & | |
Ziegler - nur wenige hundert Meter von einem Wohngebiet samt Schulen | |
entfernt gelegen - sei aber nicht der geeignete Ort, um mit radioaktiven | |
Abfällen wie der Asse-Lauge zu hantieren. | |
Rosenbaum kritisiert, den Unternehmen und Behörden fehle es an Transparenz. | |
"Alle schotten sich vor den Bürgern ab", sagt er. Bei einer | |
Betriebsbesichtigung im Juli seien die Bürgerinitiativen bei Eckert & | |
Ziegler über das Besucherzimmer nicht hinaus gekommen: Statt eines Gangs | |
durch die Anlagen gab es eine Power-Point-Präsentation über das | |
Unternehmen. Seit sechs Wochen wartet Rosenbaum auf Einsicht in die Akten | |
der Stadtverwaltung zum Versuch mit Asse-Lauge in Braunschweig - und | |
bereitet mittlerweile eine Klage vor. Dem Dementi des Umweltministeriums | |
mag er jetzt kaum trauen. | |
27 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |