# taz.de -- Radiofeature über BND: Waffenhandel, Decknamen & Curveball | |
> Pssssst! Ein ARD-Radiofeature beschäfigt sich mit der Geschichte und | |
> Gegenwart des BND - ohne Verschwörungstheorien, mit Fakten und | |
> Erfahrungsberichten. | |
Bild: "Ein bemerkenswerter Einblick in die Geschichte und die Arbeit des deutsc… | |
"Da kam ich aus dem Entsetzen nicht heraus", sagt Wolbert Smidt. Der Jurist | |
war 35 Jahre lang beim Bundesnachrichtendienst (BND) - sein Deckname | |
"Sandmann". | |
Im ARD-Radio-Feature "Mein Name ist: BND", das am kommenden Wochenende die | |
meisten ARD-Anstalten senden, schildert er seine ersten Jahre in der | |
Geheimdienstfestung im bayrischen Pullach: Als 1969 die SPD erstmalig die | |
Bundesregierung übernimmt, will Willy Brandts Kanzleramt wissen, ob die | |
Gerüchte, dass man in Oppositionszeiten bespitzelt worden sei, ebenso wie | |
kritische Journalisten, zutreffen. | |
Smidt sucht intern und wird fündig. 54 Personendossiers - auch über den | |
SPD-Spitzenpolitiker Egon Bahr und Bundespräsident Gustav Heinemann - | |
tauchen auf. Smidt ist schockiert über die eigentlich verbotene Aktivität | |
seines Dienstes im Inland. | |
Auch mit dem internationalen Waffenhandel hat er in den 60er Jahren zu tun. | |
Eine ziemlich ambivalente Erfahrung, erläutert Smidt: "Es ging eben nicht | |
nur um die Aufklärung des illegalen Waffenhandels, was eine völlig legitime | |
Funktion ist, sondern der BND hat darüber hinaus auch den illegalen | |
Waffenhandel selbst gesteuert." Er berichtet von Lieferungen nach Indien | |
und Pakistan, "ohne dass das irgendwie von den deutschen Gesetzen gedeckt | |
war". | |
Dem Journalisten Ulrich Chaussy ist mit "Mein Name ist: BND" ein | |
bemerkenswerter Einblick in die Geschichte und die Arbeit des deutschen | |
Auslandsnachrichtendienstes gelungen. Ebenso spannend wie kompakt | |
"umkreist" Chaussy in knapp einer Stunde die Geschichte des "alten" und des | |
"neuen" BND und dem, was dazwischenliegt. | |
## Ära Reinhard Gehlen | |
Der kritische Blick des Autors ruht lange auf der Ära Reinhard Gehlen, der | |
bis 1969 in Pullach Herr der Informationen war. Auch deswegen, weil es | |
einige Mitarbeiter mit einer bedenklichen NS-Vergangenheit gab. | |
In diesem Jahr wies der Mainzer Geschichtsstudent Peter Hammerschmidt dem | |
BND eine Zusammenarbeit mit dem brutalen Gestapo-Chef von Lyon , Klaus | |
Barbie, während der 60er Jahre nach. Der "neue" BND ist indes um die eigene | |
Vergangenheitsbewältigung bemüht und hat zwei Historikerkommissionen mit | |
der Aufarbeitung seiner "Entstehungs- und Frühgeschichte sowie seines | |
Personal- und Wirkungsprofils von 1945 bis 1968" beauftragt. | |
Im Gespräch mit Ulrich Chaussy gibt sich BND-Chef Ernst Uhrlau offen und | |
verweist auf die eigene Internetpräsenz: "Wir sind zum Angucken, wir sind | |
zum Anfassen, wir stellen uns der Diskussion." | |
Das Feature lenkt den Blick aber auch auf aktuelle Themen, beispielsweise | |
die Curveball-Affäre um Colin Powell und den UN-Sicherheitsrat, den | |
Diebstahl der Baupläne für den neuen Dienstsitz in Berlin oder wie schwer | |
es sein kann, in einer "multipolaren Welt" rechtstaatliche Grundsätze zu | |
wahren. | |
Die BR-Produktion wird dominiert von starken O-Tönen und konsequent | |
ausgespielten Perspektivwechseln. Ulrich Chaussy spricht mit Protagonisten | |
und ist dabei nicht an mythenumwobenen Verschwörungstheorien interessiert, | |
sondern an Fakten und Erfahrungsberichten. | |
Seine Erzählweise ist schlicht, aber treffend und trotz des vermeintlich | |
nebulösen Themas gelegentlich sogar unterhaltsam. Vielleicht auch, weil man | |
als Hörer das fast naiv wirkende Motto des Autors und von dessen Feature | |
teilen kann: "Man möchte so gern wissen, wie sie denn wirklich sind, die | |
realen Menschen beim Geheimdienst." Es bleibt also weiter spannend. | |
28 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Jan Scheper | |
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