# taz.de -- Nachwuchs-Darsteller in "Laconia": "Das steht dann auf meinem Grabs… | |
> Die ARD zeigt den U-Boot-Zweiteiler "Laconia" mit Jacob Matschenz und | |
> Frederick Lau. Ein Gespräch über die Schauspielergeneration 20 plus. | |
Bild: "Ein bisschen auf die Kacke hauen": der U-Boot-Zweiteiler "Laconia". | |
taz: Im ARD-Zweiteiler "Laconia" spielt ihr einen Oberleutnant und einen | |
Funker auf einem deutschen U-Boot im Zweiten Weltkrieg. Was hat euch an den | |
Rollen gereizt? | |
Jacob Matschenz: Dass man ein bisschen auf die Kacke hauen darf. Als ich | |
gelesen habe, dass ich den Oberleutnant Mannesmann spielen soll und | |
Frederick den Funker Fiedler, dachte ich: Uch, normalerweise wäre das eher | |
umgekehrt. | |
Frederick Lau: Echt? | |
Matschenz: Ja, das ist keine Rolle, die ich sonst angeboten bekomme. So ein | |
kantiger Typ. | |
Lau: Zuerst hört man: Der Dreh ist in Südafrika. | |
Matschenz: Dann gleich: Ja, okay? Und später: Oh, um was geht es denn | |
eigentlich? | |
Lau: Nein, natürlich nicht. Wir lesen das Drehbuch schon. | |
Eure Filmcharaktere sind beide jung, mussten aber schnell erwachsen werden. | |
Wie seht ihr das heute mit dem Erwachsenwerden? | |
Matschenz: Die sind anders schnell erwachsen geworden. Aber wenn ich mir | |
jetzt die Jugend ansehe mit 13, 14, sind die auch schneller erwachsen, als | |
ich es war. | |
Lau: Auf eine Scheißart und -weise. | |
Matschenz: Früher gab es noch Prügelstrafe. Jetzt heißt das eher: Wer | |
prügelt wen? | |
Lau: Das war eine Form von Gehorsam und Disziplin, man wurde trainiert | |
darauf, zu funktionieren. Das gibt es heute nicht mehr. | |
Matschenz: Doch, wenn du Kinder hast. Schöne preußische Erziehung. | |
Lau: Nein, nicht so. Aber früher hatte man eine gewisse Art, einander | |
Respekt entgegenzubringen. Nicht: Jeder macht nur sein Ding. Das geht uns | |
verloren. | |
Wie würdet ihr eure Generation der 20 plus beschreiben? | |
Matschenz: Da kannst du jetzt ja auch nicht alle über einen Kamm scheren. | |
Wir beide zum Beispiel sind sehr gut erzogen, haben noch Respekt vor dem | |
Alter. | |
Lau: Ja, das ist eine Art von Stil. Ich wurde erzogen, nicht verzogen. Ich | |
durfte denken, was ich wollte, machen, was ich wollte - und ich habe es | |
auch getan. Trotzdem ist immer etwas geblieben dem Alter gegenüber, der | |
Liebe gegenüber - sich so zu benehmen, wie man sich halt benimmt. Man hat | |
es so mitbekommen. In Pankow war das wahrscheinlich anders damals. | |
Matschenz: Ich bin ja auch älter als du. Ich hab den Rohrstock noch gespürt | |
damals. | |
Lau: Wir foppen uns immer, weil ich aus Westberlin komme und er aus dem | |
Osten. | |
Matschenz: Was Frederick beschreibt, die Freiheit, alles zu tun, was wir | |
wollen, dafür haben wir ja nicht wirklich was geleistet. Eigentlich sind | |
wir eine ziemlich faule Generation. Die meisten gehen eh nicht mehr wählen, | |
die wenigsten demonstrieren. Sie haben nicht mehr das Gefühl, was zu | |
bewirken. Wir sind satt, eine Generation, die alles hat. Du kriegst von | |
allen Seiten suggeriert, du kannst alles machen und alles werden. Kanzler | |
oder Astronaut. Dir steht die Welt offen. Das stimmt nicht. Da siehst du | |
dann eine Generation, die dem ganzen Irrsinn der Medienlandschaft | |
hinterherrennt. Und wir haben zwei Millionen Deutsche, die auf jeden Fall | |
Superstar werden wollen. | |
Lau: RTL ist die Macht am Bildschirm. | |
Matschenz: Es ist ziemlich traurig. Wenn du jetzt "Tutti Frutti" ansiehst, | |
dann wirst du ja auch schon rot, aber es wird einfach noch krasser. Vorher | |
war "1984" von Orwell der totale Horrorroman, jetzt gibt es die | |
Was-weiß-ich-wievielte Staffel von "Big Brother". Da fasst du dir an Kopf. | |
Lau: Um das Jammern zu beenden und was Gutes für uns rauszuziehen: Jacob | |
Matschenz und Atze Lau sind meiner Meinung nach Leute, die für gute Filme | |
stehen und sich nicht verkaufen. Ich achte darauf extrem. Du darfst es | |
nicht unterschätzen, du schmeißt dich selbst weg. | |
Matschenz: Da geht es um eine Haltung. | |
Lau: Es geht darum, dass wir verdammt noch mal probieren, was zu machen, | |
was gut ist und den Film erhält. Wir machen Kunst. Wir sind nicht | |
irgendwelche Vögel, die sich verkaufen und Geld einsacken. | |
Matschenz: Ach, manchmal hab ich schon das Gefühl. | |
Lau: Ich hatte einmal das Gefühl, dass ich mich verkaufe, und ich hab | |
geweint vor meinem Vater und vor meiner Mutter und gesagt: Ich mache das | |
niemals mehr in meinem Leben. Das ist sechs Jahre her. Und ich fahr damit | |
gut. Lieber Penner als RTL. | |
Hat eure Filmgeneration irgendein Gemeinschaftsgefühl? | |
Matschenz: Diese unsere Filmgeneration gibt es ja noch nicht so lange. | |
Angefangen hat es mit "Crazy". Tom Schilling und Robert Stadlober sind | |
unsere Vorreiter. Sie spielten diese jungen Typen, bei denen man aber sah: | |
Die machen sich auch einen Kopf. | |
Lau: Wir kennen uns mittlerweile fast alle. Es gibt Schauspielkollegen, die | |
ich unglaublich schätze und wirklich liebe - und welche, die man halt nicht | |
mag. Das Gute ist, dass man mit den Guten wieder zusammenarbeitet. | |
Matschenz: Denen gönnt man es dann auch von Herzen, wenn die Rollen | |
bekommen, für die man selbst auch beim Casting war. | |
Dann macht doch mal ein bisschen Werbung für den anderen. | |
Lau: Jacob ist unglaublich zuvorkommend. Der fragt, möchtest du was haben, | |
und springt auf und holt dir was. Mit so einer Leichtigkeit. Wir beide | |
werden oft auf der Straße verwechselt. Ich hab schon so oft mit seinem | |
Namen unterschrieben. | |
Matschenz: Wir haben irgendwann einen Deal gemacht: Auch wenn jemand ein | |
Foto hinhält, auf dem Frederick drauf ist, egal, ich unterschreibe. | |
Lau: Aber Jacob hat das letzte Styling der Welt, der hat überhaupt keine | |
Ahnung, wie er sich anzieht. Das ist auch das Großartige. Dem ist es | |
scheißegal. Er ist der letzte Penner eigentlich. Aber ein cooler Penner. | |
Einer, mit dem du quatschen würdest … | |
Matschenz: … wenn du ihm gerade die Motz abkaufst. | |
Lau: Der ist so Pankow, der Typ. | |
Matschenz: Frederick Lau ist Steglitz. Nein, im Ernst, er ist eine | |
Naturgewalt. Der Typ sitzt die ganze Zeit am Set und macht nur Flachs, und | |
dann macht er ein Licht an, und, ganz ehrlich, es gibt ganz Wenige, die | |
dieses Licht haben und das so verfügbar anmachen. Auch nach vier, fünf | |
Takes noch. Und er nimmt kein Blatt vor den Mund. | |
Gibt es im Fernsehen genug Rollen für euch? | |
Lau: Du bist mehr so Fernsehen. | |
Matschenz: Ja. Let's call me a Fernsehfresse. Aber Fernsehen und Kino | |
mischen sich mehr und mehr. Die meisten Sachen, die wir als | |
Studentenprojekte mitmachen, landen im Kino, sind aber vom SWR oder so | |
gefördert. Sind eigentlich Fernsehproduktionen, die über Festivals den Weg | |
ins Kino schaffen. | |
Lau: Außer wenn du und ich selber produzieren. | |
Matschenz: Wenn wir unser ganzes privates Vermögen reinstecken, was wir in | |
den Studentenprojekten angehäuft haben, auf den Markt werfen, dann können | |
die alle einpacken. | |
Wie wichtig sind euch Preise? | |
Matschenz: Was sagt der Mann mit dem Deutschen Filmpreis, der jüngste | |
Preisträger aller Zeiten? Gebt bei YouTube mal "Frederick Lau" und | |
"Filmpreis" ein. Da seht ihr, wie der sich freut. | |
Lau: Das hat mich gefreut, weil da Kollegen über mich abstimmen. | |
Matschenz: Für mich war das immer ein Traum, einmal den Grimme-Preis zu | |
bekommen. Da war ich schon stolz wie Bolle. | |
Lau: Als beim Grimme-Preis alle Preisträger auf der Bühne standen und das | |
Umarmen losging, bin ich zum Hinterausgang, hab meinen Papa angerufen und | |
gesagt: Papa, das ist doch alles Schwachsinn. Der großartigste Moment in | |
meinem Leben war, als William Hurt mir auf die Schulter klopfte und sagte: | |
Good job, boy. Meine Antwort: Thank you, man. Danach dachte ich: Gott, was | |
sagst du da? Das steht dann auf meinem Grabstein. | |
Matschenz: Thank you, man? | |
Lau: Nein. Good job, boy. | |
Matschenz: Bei mir steht: und tschüss. | |
"Laconia": ARD, Mittwoch, den 2. November 2011, 20.15 Uhr | |
2 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Daniela Zinser | |
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