# taz.de -- Ugandischer Politiker verstorben: Das Gewissen von Uganda | |
> Der ugandische Politiker, Wissenschaftler und Aktivist Dani Wadada | |
> Nabudere blieb sein Leben lang unbestechlich. Jetzt ist Ugandas Gewissen | |
> gestorben. | |
Bild: "Mit Nabudere ist ein Stück Uganda, ein Stück des Kontinents, ein Teil … | |
Im Alter von 78 Jahren starb bereits am 9. November in seiner Heimatstadt | |
Mbale der herausragende ugandische Aktivist, Wissenschaftler und Politiker | |
Dani Wadada Nabudere. Yash Tandon, sein in hiesigen Breiten bekannterer | |
langjähriger Gefährte, schreibt: "Mit Nabudere ist ein Stück Uganda, ein | |
Stück des Kontinents, ein Teil der Menschheit gestorben." | |
Wie er trauern viele vor allem in Uganda um das Gewissen des | |
ostafrikanischen Landes. Obwohl Nabudere nicht Parlamentsabgeordneter war | |
und ein schonungsloser Kritiker der Politik von Präsident Yoweri Museveni, | |
brachte schon am Tag nach Nabuderes Tod der Stellvertretende | |
Ministerpräsident, Eriya Kategaya, einen Antrag zu seiner Ehrung im | |
Parlament ein. Unterstützt wurde er vom Oppositionsführer - eine seltene | |
Einmütigkeit in der ugandischen Politik. | |
Am Unabhängigkeitskampf Ugandas beteiligte sich Nabudere im Uganda Peoples | |
Congress (UPC) des ersten Ministerpräsidenten Milton Obote. Er überwarf | |
sich aber bald mit diesem wegen gefälschter Parteiwahlen. Obote galt als | |
linker Politiker. Das hinderte ihn aber nicht, Nabudere 1969 wegen dessen | |
"subversiven" Engagements als Gründer eines ugandisch-vietnamesischen | |
Solidaritätskomitees ins ugandische Hochsicherheitsgefängnis zu befördern. | |
Erst nachdem sich Idi Amin 1971 an die Macht putschte, kam Nabudere wieder | |
frei und wurde Chef der Ostafrikanischen Eisenbahngesellschaft. | |
## Er blieb unbestechlich | |
Wegen der krassen Menschenrechtsverletzung von Feldmarschall Amin verließ | |
Nabudere diesen Posten bald wieder und wurde 1973 Juraprofessor an der | |
Universität von Daressalam, damals die bedeutendste im unabhängigen Afrika. | |
Eine Generation führender, vor allem ostafrikanischer Intellektueller und | |
Politiker studierte bei Nabudere oder wurde durch die heftigen | |
theoretischen Dispute, die Nabudere antrieb, beeinflusst, darunter auch der | |
heutige ugandische Präsident Museveni. Nabudere kritisierte dessen | |
militaristische Tendenz. Obwohl er ebenfalls radikale marxistische | |
Positionen vertrat, vermochte er aber maßgeblich die zersplitterten | |
Anti-Amin-Kräfte in der Uganda National Liberation Front (UNLF) zu | |
vereinen, während Obote und Museveni um die Machtfrage stritten. | |
So gelang es der UNLF, 1979 die erste Regierung nach dem Sturz Idi Amins zu | |
bilden und die Militaristen in einer "Militärkommission" mit Museveni als | |
Verteidigungsminister zu integrieren. Nabudere überließ das Amt des | |
Präsidenten anderen und blieb in jeder Beziehung unbestechlich. Als | |
demokratische Wahlen die Übergangszeit beenden sollten, putschten Obote und | |
Museveni im Mai 1980. | |
Nabudere und seine Mitstreiter mussten wieder ins Exil und gründeten die | |
UNLF-Anti-Dictatorship. Die Wahlen fälschte Obote zu seinen Gunsten. | |
Museveni begann darauf einen Guerillakrieg, der ihn 1986 an die Macht | |
brachte. Museveni kooptierte die Opposition, indem er sie an die | |
staatlichen Futtertröge ließ. Seine Armeeführer durften sich im Kongo | |
bereichern. So vermochte er ein vergleichsweise ziviles und vor allem | |
stabiles Regime zu etablieren. | |
## Vater der panafrikanischen Bewegung | |
Nabudere ließ sich nicht vereinnahmen, sondern verabschiedete sich von | |
räuberischer Machtpolitik. Er löste die UNLF-AD 1993 auf, ließ sich zum | |
traditionellen Chef seines Clans wählen und gründete zuerst eine | |
Landvolkshochschule zur Förderung von Graswurzelorganisationen in | |
Ostafrika, überwiegend Frauengruppen. Danach baute er die Marcus Garvey | |
Pan-Afrikan University - der Jamaikaner Garvey war einer der Väter der | |
panafrikanischen Bewegung. | |
Dieses zivilgesellschaftliche Engagement entwickelte Nabudere aus seiner | |
Fundamentalkritik am postkolonialen Staat Afrikas, einschließlich der in | |
ihm tätigen Nichtregierungsorganisationen, die nach Nabudere als Mittler | |
zwischen Staat und der Masse der verarmenden Bevölkerung den Staat | |
schwächen und die einfachen Bürger erst recht marginalisieren. Nabudere war | |
ein glühender Panafrikanist, aber er setzte nicht auf die Einigung Afrikas | |
durch - aus seiner Sicht - zerfallende Nationalstaaten, sondern durch | |
"horizontale Netzwerke zwischen Menschen, die eine neue glokale | |
Gesellschaft auf lokaler und globaler Ebene schaffen". | |
Nach afrikanischer Weisheit stirbt in Afrika mit einem Menschen das | |
Gedächtnis einer Bibliothek. Nabudere hinterlässt jedoch eine reichhaltige | |
Sammlung von sozialwissenschaftlichen Büchern und Artikeln. Darunter | |
befinden sich auch prophetische Analysen der Krise des Finanzkapitals. | |
Seiner Vision einer Weltgesellschaft aus glokalen Kulturen folgend, | |
propagierte er die Einführung lokaler und regionaler Währungen. Zu seiner | |
Würdigung hat ihm deshalb der senegalesische Künstler Mansour Ciss | |
Kanakassy eine Afro-Kunst-Banknote gewidmet. | |
14 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Konrad Melchers | |
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