# taz.de -- Kommentar Niger nach Gaddafi: Gaddafi ohne Grenzen | |
> Ein Teil von Gaddafis Machtapparat hat sich nach Niger gerettet. Die | |
> Weiten der Wüste sind kaum kontrollierbar – die Nato hat dies sträflich | |
> vernachlässigt. Das könnte sich rächen. | |
Die Meldung, wonach Gaddafi-Getreue in Niger Zuflucht gefunden haben, | |
sollte international die Alarmglocken schrillen lassen. Gaddafis | |
Militärapparat hat sich offenbar zumindest zum Teil über die Grenzen in die | |
Nachbarländer gerettet und versucht, sich neu zu organisieren. | |
Sollte sich das bewahrheiten, wäre nicht nur der Krieg in Libyen nicht zu | |
Ende. Die nächste libysche Kriegsrunde würde dann auch eine | |
grenzüberschreitende, internationalisierte sein. | |
Es gibt einen Präzedenzfall: die Flucht der Verantwortlichen für den | |
Völkermord in Ruanda 1994 über die Grenze in den benachbarten Kongo, | |
nachdem sie in der Heimat die Macht verloren hatten. Die ruandischen | |
Hutu-Soldaten und -Milizen organisierten sich im Kongo neu, manche ihrer | |
Führer fanden in Europa Asyl und Unterschlupf, und einige von ihnen sind | |
bis heute militärisch aktiv, was zum andauernden Konflikt im Osten Kongos | |
beiträgt. | |
Die Weiten der Sahara-Wüste sind ähnlich unkontrollierbar wie die Tiefen | |
des kongolesischen Dschungels. Werden jetzt auch die Gaddafi-Familie und | |
ihre Helfershelfer zum Kern eines international agierenden Netzwerks der | |
Destabilisierung? | |
Es grenzt an sträfliche Vernachlässigung, dass die Nato mit Luftüberwachung | |
und Luftangriffen zum Sturz Gaddafis beitrug, die Mittelmeerküste | |
abriegelte, sich aber nicht um tausende Kilometer unbewachter Wüstengrenze | |
Libyens zu Algerien, Niger, Tschad und Sudan scherte. | |
Über die bewegen sich Waffen, Söldner, Flüchtlinge und jetzt auch | |
Bewaffnete - obwohl es im Sudan eine UN-Mission gibt, im Tschad und in | |
minderem Maße in Niger französische Militärpräsenz, in Mali | |
US-Militärberater, in Algerien eine regionale Militärbasis. Sie alle hätten | |
sich längst um das "containment" des libyschen Krieges kümmern können. Die | |
Zeit drängt. | |
14 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gaddafi-Sohn Saif al Islam: In der Wüste gefasst | |
Überall in Libyen wird gejubelt: Saif al Islam, der meistgesuchte Sohn | |
Gaddafis, konnte auf seiner Flucht nach Niger festgenommen werden. Ihm soll | |
wohl im Land der Prozess gemacht werden. | |
Anhänger Gaddafis in Niger: Spuren in der Wüste | |
Exilkräfte des gestürzten Diktators sammeln sich offenbar in Niger. | |
Gaddafisten, Islamisten und Tuareg-Rebellen bereiten den Regierungen der | |
Region zunehmend Sorge. |