# taz.de -- FKK-Wandern in der Schweiz: Schwere Zeiten für Nackedeis | |
> Ein höchstrichterliches Urteil erlaubt den Kantonen, gegen unbekleidete | |
> Spaziergänger und Nacktbadende Verbote und Strafen zu verhängen. | |
Bild: Damit könnte bald Schluss sein in der Schweiz. | |
GENF taz | Die 26 Schweizer Kantone dürfen das Nacktwandern auf ihrem | |
Territorium verbieten und Zuwiderhandlungen bestrafen. Diese Entscheidung | |
hat die höchste eidgenössische Justizinstanz, das Bundesgericht in | |
Lausanne, am Donnerstag im Verfahren gegen einen Mann aus dem Halbkanton | |
Appenzell Ausserrhoden getroffen. | |
Der 48-Jährige war im Oktober 2009 auf einem Waldweg in der Nähe der Stadt | |
Herisau hüllenlos an einer Familie mit Kleinkindern vorbeigewandert. Er | |
passierte zudem ein christliches Rehabilitationszentrum für | |
Drogenabhängige. Eine Passantin stellte ihn zur Rede und erstattete | |
Strafanzeige. | |
Gegen das von der Polizei verhängte Bußgeld in Höhe von 100 Franken | |
(umgerechnet rund 84 Euro) erhob der Nacktwanderer Einspruch beim | |
Kantonsgericht Appenzell Ausserrhoden, das ihn 2010 zunächst vom Vorwurf | |
des "unanständigen Benehmens" freisprach. Doch das kantonale Obergericht | |
gab dem Revisionsbegehren der Staatsanwaltschaft statt und verurteilte den | |
Nacktwanderer nicht nur zur Zahlung der Buße, sondern auch zur Übernahme | |
der Verfahrenskosten von 3.330 Franken. | |
Dagegen erhob der Betroffene Beschwerde beim Bundesgericht, das den Fall am | |
Donnerstag in einer öffentlichen Sitzung beriet. Zu Sitzungen dieser Art | |
kommt es nur in solchen Fällen, wenn sich die fünf RichterInnen nicht einig | |
sind. Der Anwalt des Nacktwanderers wies in seiner Beschwerde darauf hin, | |
dass der Schweizer Bundesgesetzgeber das schlichte, nicht mit einer | |
sexuellen Absicht verbundene Nacktsein bewusst nicht unter Strafe gestellt | |
habe. Damit sei kein Platz für eine entsprechende Strafnorm auf kantonaler | |
Ebene. | |
## Anwalt wehrt sich | |
Das fragliche Verbot greife in unverhältnismäßiger Weise in die persönliche | |
Freiheit von Nacktwanderern ein. Es entspreche angesichts der omnipräsenten | |
Nacktheit in den Medien kaum dem Schutzbedürfnis einer Mehrheit in der | |
Bevölkerung. Hinzu komme, argumentierte der Anwalt, dass der im | |
Strafgesetzbuch des Kantons Appenzell Ausserrhoden enthaltene Tatbestand | |
des "unanständigen Benehmens" zu wenig klar umschreibe, was genau verboten | |
sei. | |
Sollte unbekleidetes Wandern oder Baden tatsächlich unter Strafe gestellt | |
werden, müsste dies auch ausdrücklich festgehalten werden. Allerdings, so | |
der Anwalt, sei ohnehin davon auszugehen, dass die Mehrheit der Bevölkerung | |
das Nacktwandern überhaupt nicht als "unanständig" empfinde. Schließlich | |
liege ein Verbotsirrtum vor, da der Betroffene seit Jahren nackt gewandert, | |
dafür aber noch nie belangt worden sei. | |
Doch dieser Argumentation wollte eine Mehrheit der fünf BundesrichterInnen | |
nicht folgen. Mit ihrem Urteilsspruch gegen den Mann aus Appenzell | |
Außerrhoden, das allen 26 Kantonen das Verbot des Nacktwanderns erlaubt, | |
ist auch ein Verfahren im Nachbarkanton Appenzell Innerrhoden erledigt. Vor | |
dem dortigen Bezirksgericht sind gegenwärtig noch die Verfahren von zwei | |
Nacktwanderern anhängig, welche die gegen sie verhängten Bußgelder über 200 | |
Franken angefochten haben. | |
In Innerrhoden existierte bereits eine Strafnorm, die das Nacktwandern | |
ausdrücklich verbietet. Sollten alle 26 Kantone Verbote verhängen, wird es | |
eng für NacktwanderInnen und -badende: Nur 1 Prozent des Schweizer | |
Territoriums ist FKK-Gelände. | |
17 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
Andreas Zumach | |
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Freiheit | |
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