| # taz.de -- Kommentar Besuch von Cameron: Cameron besucht weißes Schaf | |
| > Deutschland muss erkennen, dass es in Europa unterschiedliche Interessen | |
| > gibt. Es sollte aufpassen, dass es in der EU nicht irgendwann komplett | |
| > isoliert dasteht. | |
| Es gehört zu den seltsamen Auswüchsen der Krise Europas, dass sämtliche | |
| Ereignisse nur noch durch die nationale Brille gesehen werden. Wenn der | |
| britische Premierminister David Cameron nach Berlin pilgert, so meinen | |
| manche deutsche Beobachter, dann aus Irritation über Deutschland, so wie | |
| selbstverständlich alle europäischen Regierungen von Paris bis Athen in | |
| ihrem Handeln ausschließlich auf das Gewicht Deutschlands in der EU | |
| reagieren. | |
| Deutschland wäre besser beraten, anzuerkennen, dass es unterschiedliche | |
| Interessen innerhalb Europas gibt. Großbritannien ist nicht Mitglied der | |
| Eurozone, aber London ist der größte Finanzmarkt des Kontinents. | |
| Es ist nicht direkt an den Euro-Rettungspaketen beteiligt, aber die | |
| Umschuldung Griechenlands geht einher mit einer Verlagerung der | |
| griechischen Staatsanleihen unter britisches Recht, damit der | |
| Schuldenschnitt überhaupt möglich ist. Klar, dass Londoner Politiker ein | |
| Mitspracherecht bei zukünftigen Entscheidungen der Eurozone verlangen. | |
| Sehr kritisch wird in Großbritannien beobachtet, wie das | |
| deutsch-französische Tandem namens "Merkozy" zusammen mit der EZB und den | |
| neuen Technokratenregierungen in Rom und Athen eine Art informelles | |
| Kerneuropa schafft, das sich vom Rest der 27 EU-Staaten abkapselt. Komplett | |
| inakzeptabel ist es aus britischer Sicht, Entscheidungen beispielsweise zur | |
| Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die auf den Finanzplatz London | |
| erhebliche Auswirkungen haben, ohne London treffen zu wollen. | |
| Deutschland muss aufpassen, dass es in der EU nicht irgendwann komplett | |
| isoliert dasteht, weil es als einziges Mitgliedsland vom Misstrauen der | |
| globalen Finanzmärkte verschont bleibt. Es sieht sich als letztes weißes | |
| Schaf in einem Meer von schwarzen. Das kann nicht gut gehen. | |
| 18 Nov 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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