# taz.de -- Schutzgesetz für Korruption in Südafrika: Wer Skandale aufdeckt, … | |
> Gegen heftigen Protest drückt die Regierung von Präsident Zuma ein | |
> restriktives Geheimhaltungsgesetz durch das Parlament, das investigativen | |
> Journalismus weitgehend verbietet. | |
Bild: Protest in Südafrika gegen das Geheimhaltungsgesetz des ANC. | |
JOHANNESBURG taz | Die Demonstranten waren in Schwarz gekleidet, manche | |
hatten ihre Münder mit schwarzen Tüchern und Klebeband verschlossen und | |
legten nur den Finger auf den Mund. Diese Geste bedeutet: Die Regierung | |
will uns mundtot machen. Auf diese Weise protestierten Bürger und | |
Organisationen in Südafrika Dienstag vor der Zentrale der Regierungspartei | |
Afrikanischer Nationalkongress (ANC) gegen das neue Mediengesetz, bevor es | |
am Nachmittag mit großer Mehrheit verabschiedet wurde. "Wir haben das Recht | |
auf Wissen", riefen sie vor dem Luthuli-Haus in Johannesburg. | |
Mit 229 zu 107 ging im Parlament das als "Secrecy Bill" | |
(Geheimhaltungsgesetz) titulierte Gesetzeswerk durch, das die ANC-Regierung | |
von Präsident Jacob Zuma zuerst vor gut einem Jahr vorgelegt hatte und das | |
auf heftige Kritik aus Zivilgesellschaft und Opposition gestoßen war. Unter | |
dem Deckmantel "Schutz von staatlichen Informationen" ist es fortan | |
illegal, als geheim eingestufte staatliche Dokumente zu veröffentlichen | |
oder im Gericht als Quelle zu zitieren, selbst wenn es darum geht, im | |
Interesse der Öffentlichkeit Korruption oder Rechtsbruch offenzulegen. | |
Der einzige Weg, solche Dokumente zu veröffentlichen, ist demnach, die | |
Regierung um eine "Deklassifizierung" zu bitten. Ansonsten soll künftig der | |
Besitz und die Veröffentlichung von als geheim eingestuften Dokumenten mit | |
bis zu 25 Jahren Haft bestraft werden. | |
Verlagshäuser und Aktivisten sagen, das Gesetz bietet hervorragenden | |
Schutz, staatliche Korruption zu verdecken, und bedeute das Ende des Rechts | |
auf Informationsfreiheit in Südafrika. Wiederholte Forderungen, | |
Veröffentlichungen unter Verweis auf das "öffentliche Interesse" vor | |
Verfolgung schützen zu können, hatte die Regierung zurückgewiesen. | |
## Triumph oder Schande | |
Chefredakteure hatten bis zur letzten Minute ANC-Parlamentarier gebeten, | |
nicht für das Gesetz zu stimmen. Auf den Titelblättern der Tageszeitungen | |
Beeld und The Times stand zu lesen, das Ergebnis der Abstimmung werde den | |
heutigen Tag als Triumph oder als Schande für die junge Demokratie | |
Südafrikas enden lassen. | |
Das südafrikanische Forum für Chefredakteure (Sanef) erklärt, der ANC habe | |
bereits in letzter Zeit die Angriffe auf Reporter und die Pressefreiheit | |
zugespitzt. In einer solchen Zeit seien die Medien stärker gefragt denn je. | |
Besonders in der zunehmenden Kultur von Selbstbereicherung und Korruption | |
innerhalb der Regierung müssten Medien frei agieren können. | |
Dass der ANC trotz der breiten Kritik nicht von seinem Vorhaben abwich, | |
weckte bei vielen Menschen Erinnerungen an die finsteren Zeiten der | |
Apartheid, zum Beispiel an den "schwarzen Mittwoch" des 19. Oktober 1977. | |
Damals verbot die weiße Apartheidregierung Medien, die der schwarzen | |
Befreiungsbewegung nahestanden. | |
In Anlehnung daran nannten zivile Organisationen wie "Right2Know" jetzt | |
ihre Protestkampagne "schwarzer Dienstag". Kritik kommt von Fernsehstars | |
und Townshipbewohnern, von Erzbischof Desmond Tutu und vom Stiftungsbüro | |
des früheren Präsidenten Nelson Mandela. | |
Yusuf Abramjee, Sprecher des Nationalen Presseklubs, spricht von einem | |
"traurigen Tag" für Südafrika. Das Forum der Chefredakteure hat nun an | |
Präsident Zuma appelliert, die Gesetzesvorlage an das Verfassungsgericht zu | |
geben. Sonst müssten die Bürger selbst vor Gericht ziehen. Die führende | |
Oppositionspartei "Demokratische Allianz" hat dies bereits angekündigt. | |
22 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Martina Schwikowski | |
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