# taz.de -- Neonazis in Niedersachsen: Bewegung unter Waffen | |
> Bewaffnete Neonazis haben in Niedersachsen eine lange Tradition. Doch die | |
> Landesregierung hat die Vorkommnisse immer wieder bagatellisiert. | |
Bild: Beeindruckendes Arsenal: Von der Osnabrücker Polizei 2007 bei Nazis gefu… | |
HAMBURG taz | Alles gehört auf den Prüfstand, sagte Uwe Schünemann. Nach | |
der Entdeckung der Mord-Serie der Neonazigruppe "Nationalsozialistischer | |
Untergrund" sagte der niedersächsische Innenminister, die Arbeit der | |
Sicherheitsbehören gegen Rechtsextremismus müsse neu aufgestellt werden. | |
So weit ist die Opposition mit ihm einer Meinung: In den vergangen Jahren | |
haben Grüne und Linkspartei mit Kleinen Anfragen immer wieder vergeblich | |
versucht, von der Landesregierung eine Einschätzung zu Waffen- und | |
Sprengstofffunden in der rechten Szene zu bekommen. Das Credo der Antworten | |
des Innenministeriums war meist wie am 3. Juni 2009: Es lägen "keine | |
Erkenntnisse" vor. Von "verfestigten Strukturen gewaltbereiter und | |
bewaffneter Nazis" sei nicht auszugehen, ließ Schünemann erklären. | |
Just in den Wochen zuvor hatte die Polizei in den Landkreisen Göttingen, | |
Northeim, Hildesheim und Braunschweig insgesamt 32 Objekte von | |
Rechtsextremen durchsucht. Der Anlass war eine Schießerei eines Neonazis | |
und seiner Kameraden in einem Göttinger Nachtlokal, das sie später noch | |
anzünden wollten. Die Beamten beschlagnahmten unteren anderem ein | |
Schnellfeuergewehr, drei Gewehre, eine Repetierbüchse, Schalldämpfer und | |
Munition. | |
"Viele Rechtsextreme haben eine hohe Affinität zu Waffen", sagte Schünemann | |
damals. Es gebe allerdings keine Hinweise darauf, dass diese auch | |
eingesetzt würden. In der Landesregierung konnte man sich damals die | |
Existenz rechter Terrorgruppen nicht vorstellen. Dabei hatte es in | |
Niedersachsen schon einmal eine gegeben. | |
Vor 32 Jahren, im Mai 1979, begann in Bückeburg ein Verfahren gegen mehrere | |
Neonazis aus der "Wehrsportgruppe Werwolf" und der "Aktionsfront Nationaler | |
Sozialisten". Unter massiven Sicherheitsmaßnahmen hatte das Oberlandgericht | |
Celle extra in der Justizvollzugsanstalt Bückeburg das Verfahren gegen | |
Michael Kühnen, Manfred Börm, Lothar S., Lutz W., Uwe R. und Klaus-Dieter | |
P. wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen | |
Vereinigung geführt. | |
1977 und 1978 hatten sie deutsche und niederländische Soldaten in der | |
Kaserne in Wentorf und auf dem Truppenübungsplatz Bergen-Hohne mit | |
Waffengewalt überfallen, um weitere Waffen und Munition zu rauben. Bei | |
einem Banküberfall und einem Raub bei einem Geschäftsmann erbeuten sie | |
150.000 Mark für weitere Aktionen. Die Angeklagten erhielten Haftstrafen. | |
Börm ist heute niedersächsischer NPD-Landesvize und Leiter des | |
Parteiordnerdienstes. | |
Auch später in der 80er und 90er Jahren fand die Polizei bei Neonazis | |
Waffen und Sprengstoff. "Die Verharmlosung solcher Funde durch die Behörden | |
muss enden", sagt der grüne Landtagsabgeordnete Helge Limburg. Seit Monaten | |
sorgt ihn auch, dass die Polizei gegen militante Neonazis in Tostedt und | |
Bückeburg nur zögerlich vorgeht. | |
Erst vor Kurzem fand die Polizei bei Neonazis in Bückeburg Waffen. "Die | |
Polizei muss endlich aufhören, die örtlichen Vorfälle als | |
,Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Jugendlichen' zu | |
bagatellisieren", sagt der Grünen-Politiker. Auch das Trio der NSU entstand | |
aus einer militanten Neonazigruppe. | |
22 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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