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# taz.de -- Farbanschlag auf jüdischen Friedhof: Braun schmiert weiß
> Unbekannte werfen Farbbeutel auf den jüdischen Friedhof in Oldenburg und
> verletzen einen Polizisten. Die Polizei glaubt an einen rechtsextremen
> Hintergrund.
Bild: Beschmutzt: der jüdische Friedhof in Oldenburg.
OLDENBURG taz | Als Neonazi-Hochburg gilt das niedersächsische Oldenburg
nicht unbedingt. Zwar versucht die NPD alle paar Jahre, dort einen
Aufmarsch zu organisieren; und seit einigen Wochen sitzt erstmals ein
NPD-Mann im Rat der Stadt - dennoch: Die Zahl der Straftaten mit
rechtsextremem Hintergrund ist überschaubar.
38 zählte die Polizeiinspektion für die Stadt Oldenburg und den Landkreis
Ammerland in diesem Jahr, die meisten zählen zu den so genannten
unterschwelligen Delikten - Beleidigungen, Volksverhetzung, Verwendung
verfassungsfeindlicher Symbole.
Auch die wenigen antisemitisch motivierten Straftaten bewegten sich auf
dieser Ebene. Und nun das: Unbekannte schändeten in der Nacht zum Samstag
den alten jüdischen Friedhof der Stadt, warfen Beutel mit weißer Farbe und
trafen sechs Grabsteine. Die Täter sind flüchtig, die Polizei geht von
einem rechtsextremen Hintergrund aus und hat die Ermittlungen an den
Staatsschutz übergeben.
Womöglich hätten die fünf Täter noch mehr Schaden angerichtet, hätte Thole
Schlömer sie nicht daran gehindert. Der 39-jährige Polizist, der nicht im
Dienst war, kam auf dem Nachhauseweg zufällig am Friedhof vorbei, der dem
Objektschutz unterliegt und auf den er und seine Kollegen auch "im Dienst
immer ein Auge" haben.
Mit den Worten "Aufhören, Polizei!" schlug Schlömer die mit Sturmhauben
maskierten und zum Teil mit Bomberjacken bekleideten Täter in die Flucht,
verfolgte sie mit dem Rad und bekam nach mehreren Reizgasattacken einen der
Flüchtenden zu fassen.
Der sprühte ihm Pfefferspray ins Gesicht, zweimal. "Dann wars vorbei", sagt
Schlömer. Er rief seine Kollegen an, die Täter, gegen die nun nicht nur
wegen Sachbeschädigung und Störung der Totenruhe, sondern auch wegen
gefährlicher Körperverletzung ermittelt wird, blieben verschwunden.
Dass die mutmaßlichen Neonazis einen Polizisten attackierten, wirkt nicht
einmal mehr ungewöhnlich. "Die Hemmschwelle ist generell gesunken, wir
erleben das jedes Wochenende", sagt Polizeisprecher Rolf Cramer.
Es war bereits die zweite Schändung des historischen Friedhofs, dessen
Gräber bis 1814 zurückreichen. 1992 - die jüdische Gemeinde der Stadt hatte
sich gerade neu gegründet - hatten unbekannte Täter einige Grabsteine mit
Hakenkreuzen beschmiert.
Frei zugänglich ist der Friedhof längst nicht mehr: Wie jede jüdische
Einrichtung gilt er als potenzielles Ziel rechter Gewalt; eine mannshohe
Mauer umgibt ihn, das Eisentor ist zugesperrt. Dass es nun nach einer
relativ langen Zeit wieder zu einer solchen Straftat kam, erfüllt die
Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Oldenburg, Sara-Ruth Schumann, mit
"großer Sorge". Für sein Eingreifen bedankte sich die Gemeinde bei dem
Polizisten.
Ob es einen Zusammenhang zwischen der Tat und der aktuellen Medienpräsenz
des braunen Sumpfs gibt, ist unbekannt. Oldenburger Antifagruppen halten es
für denkbar, dass sich die Täter durch die Berichte um Neonazi-Terror und
die Diskussion um ein etwaiges NPD-Verbot, mehr noch vielleicht durch den
Erfolg der Partei bei der Kommunalwahl zu einem offensiveren Vorgehen
ermuntert fühlen. Für Mittwochabend riefen mehrere Gruppen zu einem
antifaschistischen Spaziergang auf.
23 Nov 2011
## AUTOREN
Maik Nolte
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