# taz.de -- Neue Castingshow "The Voice": Augen zu und durch | |
> Bei der neuen Castingshow "The Voice" sollen allein die Ohren | |
> entscheiden. Geplant ist nichts Geringeres als "die größte Musikshow | |
> aller Zeiten". | |
Bild: Hier zählen allein die Ohren – und die Einschaltquoten: "The Voice"-Ju… | |
Xavier Naidoo glaubt, das hier könne sich "zum größten Spektakel meines | |
Lebens" entwickeln. Feurio! Nein, eine schnöde Castingshow will "The Voice | |
of Germany" nicht sein. "Die größte Musikshow aller Zeiten" soll es werden, | |
drunter machen es ProSieben und Sat.1 bei ihrer neuen Koop-Show nicht. | |
Gesucht werden Kandidaten "für eine nachhaltige Musiker-Karriere", | |
unterstützt von vier prominenten Coaches. Klingt nach "X Factor", das | |
aktuell mit Sarah Connor, Till Brönner und Das Bo in der zweiten Staffel | |
bei Vox läuft. Dort sollen ebenfalls neue Stars geboren werden – | |
nachhaltig, versteht sich. Wie hieß noch die Gewinnerin der ersten Staffel? | |
Egal, es gibt schlechtere Vorbilder als "X Factor", wo Kandidaten – anders | |
als beim Branchenprimus "DSDS" vom Vox-Mutterschiff RTL – nicht vorgeführt | |
werden. Auch "The Voice" verzichtet auf völlig untalentierte oder geistig | |
umnachtete Kandidaten. Persönliche Schicksale dürfen aber schon erwähnt | |
werden und in den Werbepausen wirbt das anschließende C-Promi-Mag "Red" mit | |
Details aus dem Privatleben der Kandidaten. | |
## Kuschelecke gegen Brachialbohlen | |
"The Voice", konzipiert von "Big Brother" John de Mol, lief bereits | |
erfolgreich in den Niederlanden und den USA. In den ersten sechs Folgen des | |
deutschen Ablegers gibt es die "Blind Auditions". Die stets etwas | |
verstrahlte Nena, Naidoo, Rae Garvey (Raemonn) und zwei Typen der | |
Countryband Boss Hoss sitzen am Donnerstag zum Auftakt in großen Sesseln – | |
mit dem Rücken zu den Kandidaten. Sie sollen sich ausschließlich von den | |
Stimmen überzeugen lassen, dann per Buzzer ihr Gefallen ausdrücken und die | |
Teilnehmer überzeugen, in ihr Team zu kommen. | |
Die Coaches packen dabei so viel Watte aus, dass der Eindruck entsteht, | |
eine Kuschelecke gegen RTLs Brachialbohlen installieren zu wollen. | |
Immerhin: Dessen Auswahlkriterien – süß, dumm, minderjährig – haben hier | |
nichts verloren. | |
Die SängerInnen sind teils richtig gut, unter ihnen einige Profis. Etwa | |
Charles Simmons, den alle Teams für sich gewinnen wollen. Die Coaches geben | |
sich fasziniert und tun so, als würden sie Simmons nicht kennen. Dabei ist | |
der Berufsmusiker in der Branche bekannt – etwa durch seine Arbeit mit | |
Naidoo. Zur Verdummung des Zuschauers passt die Präsentation des | |
Studiopublikums als Klatschvieh, das ausgerechnet bei den schiefsten Tönen | |
in Ekstase gerät. | |
Finden mehrere Coaches einen Vortrag gut, kann der Kandidat zwischen ihnen | |
wählen. Das Werben um die Gunst der Talente bleibt mitunter verhalten – was | |
zu Trübsal führen kann: Percival, als Jugendlicher von zuhause abgehauen | |
"weil ich wollte Sänger", wird von Rae gewählt – obwohl Nena ihm viel | |
lieber gewesen wäre. Die konterkariert mal eben das einzige | |
Alleinstellungsmerkmal der Show: Er habe schon gut gesungen, sagt Nena, | |
aber "ich glaub, ich hätt' dich sehen müssen". | |
25 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Torsten Landsberg | |
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