# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Unter der Knute von Richter Gnadenlos | |
> Die SG Dynamo Dresden wird nach Fanrandalen in Dortmund vom DFB-Pokal | |
> ausgeschlossen. Doch in diesem Fall gibt es nach dem Urteil nur | |
> Verlierer. | |
Bild: Gefährliche Situation: Fans von Dynamo Dresden zünden Feuerwerkskörper… | |
Es ist ein Urteil gesprochen worden, das niemanden glücklich macht. Nicht | |
den Deutschen Fußball-Bund, der nun wieder als Hardliner dasteht. Nicht die | |
Sportgemeinschaft Dynamo Dresden, die mit dem Ausschluss von der kommenden | |
DFB-Pokalrunde harte finanzielle Einbußen hinnehmen muss. | |
Nicht die Hardcore-Fans der Sachsen, die den Richterspruch als neuerliche | |
Provokation auffassen könnten. Nicht den Profifußball in Deutschland, der | |
anscheinend von gewaltbereiten Invasoren überrannt zu werden droht. Es | |
scheint nur Verlierer zu geben. | |
Der DFB sah sich offenbar genötigt, ein drakonisches Urteil zu fällen. Zu | |
viel war ja auch in der Vergangenheit passiert. In der Verhandlung vor dem | |
DFB-Sportgericht wurde aus der Liste der Dresdner Vergehen noch einmal | |
ausführlich zitiert: Seit 2002 hatte es 28 Verurteilungen mit Geldstrafen | |
von bis zu 45.000 Euro, 16 Abmahnungen sowie drei Ausschlüsse oder | |
teilweise Ausschlüsse von Dynamo-Fans durch den DFB gegeben. | |
Als Höhepunkt der Delinquenz aber gilt das Pokalspiel der Dresdner am 25. | |
Oktober in Dortmund. Bereits vor dem Spiel war es zu Ausschreitungen | |
gekommen. Im Stadion wurden Böller und Raketen gezündet. Das Spiel musste | |
zweimal unterbrochen werden. "Es wäre ein Blutbad entstanden - das sage ich | |
hier so deutlich - wenn wir härtere Maßnahmen getroffen hätten", sagte der | |
Dortmunder Polizeidirektor Peter Andres vorm DFB-Sportgericht. Er sprach | |
auch von "bürgerkriegsähnlichen Zuständen", die gedroht hätten, wäre die | |
Polizei härter eingeschritten. | |
## Richter verfechtet die Kollektivstrafe | |
Das war starker Tobak, der seine Wirkung nicht verfehlen sollte. | |
Sportrichter Anton Nachreiner begründete das harte Urteil nämlich so: "Nie | |
war die Gewalt in Stadien größer als in diesem Jahr. Tote gab es noch | |
keine. Aber wenn es so weitergeht, werden wir die ersten Toten zu beklagen | |
haben." Man wolle nun ein Zeichen setzen: "Wir können auch anders." | |
Nachreiner hofft mit maximaler Bestrafung auch maximale Läuterung bei den | |
Fans zu erreichen. In England habe das prima funktioniert, führte Richter | |
Gnadenlos an. Der Ausschluss englischer Teams aus dem Europapokal nach der | |
Heysel-Tragödie mit 39 Toten sei "beispielhaft"; danach seien in England | |
keine großen Ausschreitungen mehr zu beklagen gewesen. "Es geht also, und | |
es geht auch in Deutschland", glaubt Nachreiner, offensichtlich ein | |
Verfechter der Kollektivstrafe. | |
Die Erziehung der ungebärdigen Fans mit der Knute könnte aber auch weniger | |
erfolgreich verlaufen, nämlich dann, wenn auf die Bastonade nicht Einsicht | |
folgt, sondern trotziger Widerspruch. | |
Und auch der Verein Dynamo Dresden könnte seine Aktivitäten zur Befriedung | |
der Fans nicht mehr ganz so ernst nehmen, wenn man sich in der Opferolle | |
suhlt: Die bösen Fußball-Funktionäre aus Frankfurt am Main haben uns, dem | |
gebeutelten Verein aus dem Osten, mal wieder übel mitgespielt. Wie gesagt: | |
In dieser Sache scheint es keine Gewinner zu geben. | |
25 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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