# taz.de -- Verzicht auf Fernwärmetrasse Moorburg: Bescherung für Vattenfall | |
> Der Hamburger Senat will dem Stromkonzern die Versorgungsnetze für alle | |
> Zeit überlassen - und damit auch die Fernwärmekunden. | |
Bild: Hat sich erledigt: Protest gegen die Fernwärmetrasse im Februar 2010. | |
HAMBURG taz | Nach fast 40 Verhandlungsrunden hinter verschlossenen Türen | |
gibt es ein Ergebnis. Der Energiekonzern Vattenfall verzichtet auf den Bau | |
der Fernwärmetrasse vom umstrittenen Kohlekraftwerk Moorburg unter der Elbe | |
hindurch nach Altona. Der Hamburger Senat verzichtet darauf, dem | |
Unternehmen die Versorgungsnetze wieder wegzunehmen. Das ist der | |
inoffizielle Stand der Gespräche zwischen Stadt und Konzern, die offiziell | |
niemand bestätigen will. | |
"Es gibt nichts zu sagen", behauptet Vattenfall-Sprecher Stefan Kleimeier. | |
Er werde sich erst äußern, "wenn es was zu sagen gibt". Senatssprecher | |
Christoph Holstein erklärt, die Gespräche würden fortgeführt: "Es ist noch | |
nichts unterschrieben." Der Wortkargheit der Verhandlungspartner zum Trotz, | |
sickern Details einer Vereinbarung durch, die bereits kommende Woche fertig | |
werden könnte. | |
Danach blieben die Fernwärmekapazitäten des Kraftwerks Moorburg ungenutzt. | |
Vattenfall würde Trassenkosten in dreistelliger Millionenhöhe sparen und | |
stattdessen möglicherweise in ein zusätzliches Gas- und | |
Dampfturbinenkraftwerk investieren. Das würde die Klima-Bilanz Hamburgs, | |
die durch das Kohlekraftwerk verschlechtert wird, ein wenig aufhübschen. | |
Im Gegenzug würde Hamburg zusagen, nicht mehr als 25,1 Prozent an den | |
Versorgungsnetzen für Strom, Gas und Fernwärme erwerben zu wollen. Nach | |
Auslaufen des Konzessionsvertrages 2014 könnte die Stadt die vollständige | |
Re-Kommunalisierung der Netze betreiben, mehr als 114.000 Menschen haben | |
dies im Sommer in einem Volksbegehren der Initiative "Unser Netz" | |
gefordert. SPD-Bürgermeister Olaf Scholz will ohnehin nur ein Viertel | |
zurückkaufen. Durch eine entsprechende Vereinbarung mit Vattenfall würde | |
dies festgeschrieben. | |
Damit würde Hamburg auf Erträge aus dem Fernwärmenetz verzichten. Im Jahr | |
2009 hatte Vattenfall einen Gewinn von 140 Millionen Euro gemacht, der | |
Stadt bietet der Konzern stattdessen eine Nutzungsgebühr von etwa fünf | |
Millionen Euro jährlich. Offenbar soll die Vereinbarung nicht wieder | |
befristet sein. Das würde bedeuten, dass die Netze auf unabsehbare Zeit zu | |
drei Vierteln Vattenfall gehörten - die Hamburger Fernwärmekunden wären | |
anders als bei Strom oder Gas dem Konzern und seinen Tarifen ausgeliefert. | |
Eben dieses Monopol kritisiert die Volksinitiative. Der SPD-Senat treffe | |
weitreichende Entscheidungen für die Energieversorgung der Stadt und wolle | |
den noch ausstehenden Volksentscheid über die Netzhoheit ins Leere laufen | |
lassen, fürchtet die Initiative. Deshalb fordert Dora Heyenn, | |
Fraktionschefin der Linken in der Bürgerschaft, "ein Sonderrücktrittsrecht | |
bei einem erfolgreichen Volksentscheid", der frühestens im April 2012 | |
durchgeführt werden könnte. | |
Besonders grimmig reagieren Hamburgs Grüne, deren Umweltsenatorin Anja | |
Hajduk vor drei Jahren das Kohlekraftwerk Moorburg aus juristischen Gründen | |
genehmigen musste. Bürgermeister Scholz plane offenbar "ein lukratives | |
Weihnachtsgeschenk" für Vattenfall, behauptet Fraktionschef Jens Kerstan. | |
Die Kunden würden einem Konzern für alle Zeiten "zur Ausbeutung | |
ausgeliefert", weil eine Entfristung "nie mehr rückgängig zu machen" sei. | |
Dieser Preis für den Verzicht auf die Fernwärmetrasse sei "eindeutig zu | |
hoch". | |
25 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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