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# taz.de -- Abschiebung in den Kongo: Einer, der kein Glück hatte
> Amboka Kasukamaku kam als Kind aus dem Kongo nach Berlin. Nach 20 Jahren
> Duldung soll er jetzt zurück.
Bild: Amboka Kasukamaku im Besucherraum des Grünauer Abschniebeknasts. Die Wan…
Amboka Kasukamaku sucht die Begründung für seine Abschiebung verzweifelt in
der schwarzen Laptoptasche. Der 24-Jährige sieht in jedem Fach nach, holt
Anwaltsbriefe, Bescheide und Ablehnungen heraus. Das, wonach er sucht, ist
nicht darunter. Also macht er die Tasche wieder zu und sagt: "Ich dachte
immer, das können die nicht machen. Ich bin doch Deutscher."
Kasukamaku sitzt im Besucherraum des Abschiebegewahrsams Grünau. Zwischen
dem 29. November und dem 2. Dezember soll sein Flug in den Kongo gehen.
Seit Mittwoch ist er im Hungerstreik. "Ich warte darauf, dass ich umkippe,
um so den Flug herauszuzögern", sagt er. Hinter ihm im Besucherraum ist
eine Kinderspielecke aufgebaut. An die Wand ist das Bild eines fliegenden
grünen Drachen gemalt. Dann sagt Kasukamaku einen Satz, der all das
zusammenfasst, was schiefgelaufen ist, seit er in Deutschland ist - und was
schließlich dazu führte, dass er hier sitzt: "Ich habe einfach kein Glück
in meinem Leben."
Vor zwanzig Jahren kam der junge Mann mit seinen Eltern nach Berlin. Sie
seien vor Hungersnot, Bürgerkrieg und politischer Unterdrückung aus dem
Kongo geflohen, erzählt er. Sein Vater werde geduldet, seine Mutter habe
eine unbefristete Niederlassungserlaubnis und arbeite. Auch sein jüngerer
Bruder, Vater zweier Kinder, die er mit einer Deutschen hat, habe einen
dauerhaften Aufenthaltstitel. "Ich bekam immer Duldungen", sagt Kasukamaku,
"darum konnte ich nach der Hauptschule keine Ausbildung anfangen und auch
nicht arbeiten."
2009 erhielt Kasukamaku aufgrund der Altfallregelung eine auf ein Jahr
befristete Aufenthaltserlaubnis, unter der Bedingung, Arbeit zu finden und
nicht straffällig zu werden. Ein paar Monate zuvor hatte er allerdings eine
Auseinandersetzung mit Polizeibeamten gehabt - und wurde nun wegen
Beleidigung und illegalen Waffenbesitzes zu 600 Euro Strafe verurteilt.
Kasukamaku war bei Rot über die Straße gelaufen. "Dann hat mich die Polizei
als Einzigen angehalten", erzählt er, "ich fühlte mich diskriminiert." Als
er seinen Pass nicht aushändigte, hätten ihn die Beamten bedroht. Er
reagierte mit Beschimpfungen. Heute würde er es anders machen, sagt er. Er
würde den Polizisten das Geld hinwerfen und sagen: "Hier Alter, freu dich
drüber." Dem Job bei einem Getränkehandel, den Kasukamaku aufgenommen
hatte, konnte er nach der Verurteilung nicht mehr nachgehen.
Steffen Puntschuh, sein Anwalt, hat auch Kasukamakus älteren Bruder
vertreten. Der sei vor zwei Jahren in den Kongo abgeschoben worden, lebe
nun auf der Straße und könne ohne das Geld der Eltern nicht überleben,
erzählt der Jurist. Allein durch die Kosten der Abschiebung säßen die
Eltern auf einem Schuldenberg von 20.000 Euro - sollte sein Mandat
ebenfalls abgeschoben werden, würde sich diese Summe verdoppeln. Die
rechtlichen Möglichkeiten sieht Puntschuh ausgeschöpft. Kasukamakus Heirat
mit seiner deutschen Freundin scheitere, weil die Ledigkeitsbescheinigung
aus dem Kongo fehlt. Die Härtefallkommission habe ihn mit dem Verweis auf
seine Vorstrafen abgelehnt. "Alles keine schwerwiegenden Delikte", sagt
Puntschuh. Die Härtefallkommission selbst darf aus datenschutzrechtlichen
Gründen ebenso wenig wie die Ausländerbehörde Auskunft zu konkreten Fällen
geben.
"Er hatte seine Chancen, aber er hat zu wenig daraus gemacht", sagt
Puntschuh, "trotzdem ist eine Abschiebung keine Lösung. Wenn einer hier
nicht klarkommt, wird er es in einem Land wie dem Kongo erst recht nicht."
26 Nov 2011
## AUTOREN
Julia Kohl
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