# taz.de -- Tod eines Trainers: Tränen und Sprechchöre | |
> Nach der Selbsttötung des walisischen Nationalcoaches Gary Speed reagiert | |
> die britische Fußballwelt fassungslos. Der 42-Jährige war sehr | |
> erfolgreich. | |
Bild: Am Stadium von Cardiff: Abschied von einer Fußball-Legende. | |
LONDON taz | Gary Speed, der Trainer der walisischen | |
Fußball-Nationalmannschaft, hat sich erhängt. Der 42-Jährige wurde am | |
Sonntagmorgen in seinem Haus in Chester im Westen Englands tot aufgefunden. | |
Die Polizei schließt Fremdverschulden aus: Es gebe "keine verdächtigen | |
Umstände". | |
Noch am Vorabend war Speed in einer BBC-Sportsendung aufgetreten und sprach | |
scheinbar gut gelaunt über seine Liebe zum Fußball. Der Moderator Dan | |
Walker sagte, dass Speed nach der Sendung stolz von seinen Söhnen Tommy und | |
Ed erzählte, die sich zu guten Fußballern entwickelten. Über sein | |
walisisches Team sagte er, dass es gute Chancen habe, sich für die nächste | |
Weltmeisterschaft zu qualifizieren. | |
Die letzten vier Spiele unter Speed, der den Job vor einem Jahr übernommen | |
hatte, wurden gewonnen. Speed trat selbst 85 Mal für Wales an, öfter als | |
jeder andere Feldspieler. Sein erstes Match bestritt er im Alter von 20 | |
Jahren gegen Costa Rica, nur einen Tag nachdem er mit der walisischen | |
U21-Auswahl gegen Polen gespielt hatte. | |
Gegen Polen trat er mit 35 Jahren auch das letzte Mal in der | |
Nationalmannschaft an. Der Mittelfeldspieler absolvierte 535 Spiele in der | |
englischen Premier League, nur zwei Spieler schafften mehr Einsätze: David | |
James und der Waliser Ryan Giggs. | |
Speed begann seine Karriere bei Leeds United, mit denen er 1992 englischer | |
Meister wurde. Später wechselte er nach Everton, dann zu Newcastle United | |
und zu den Bolton Wanderers. Er beendete seine aktive Karriere vor | |
anderthalb Jahren bei Sheffield United und wurde dort Trainer. | |
Kurz danach wurde er für seine Verdienste im Fußball von Königin Elisabeth | |
mit dem Verdienstorden ausgezeichnet. Als er die walisische Mannschaft von | |
John Toshack im Dezember 2010 übernahm, war sie in einem erbärmlichen | |
Zustand. In der Fifa-Rangliste stand sie auf Platz 117, so schlecht wie | |
noch nie. In nur zehn Monaten führte Speed das Team wieder unter die besten | |
50, zuletzt schlug man Norwegen mit 4:1. | |
Die britische Fußballwelt reagierte fassungslos auf Speeds Suizid. Im | |
Fußball, da war man sich einig, könne das Motiv nicht liegen. Einige | |
Boulevardzeitungen stellten verblüfft fest, dass es offenbar andere Gründe | |
gebe, bei denen sogar eine erfolgreiche Fußballkarriere nichts zähle. Das | |
haben ja auch die Fälle Robert Enke und Babak Rafati in Deutschland | |
gezeigt. | |
Nur anderthalb Stunden nach Bekanntgabe von Speeds Tod musste Swansea, das | |
einzige walisische Team in der Premier League, zu Hause gegen Aston Villa | |
antreten. Während der Schweigeminute brachen einige Spieler in Tränen aus, | |
die Zuschauer feierten Speed während des gesamten Spiels in Sprechchören. | |
Auch in Liverpool beim zweiten Sonntagsspiel gab es eine Schweigeminute. | |
Craig Bellamy, der Stürmer des FC Liverpool und der walisischen | |
Nationalmannschaft, wurde für das Match beurlaubt. "Ein Fußballspiel ist | |
keinesfalls wichtiger als zu trauern", sagte sein Trainer Kenny Dalglish. | |
28 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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