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# taz.de -- Thriller "Nacht ohne Morgen": Szenen einer Ehe
> Der Thriller "Nacht ohne Morgen" ist eine Herausforderung für den
> Zuschauer. Götz George und Barbara Sukowa retten den handlungsarmen Plot.
Bild: Szenen einer Ehe: Das Juristen-Ehepaar Katharina (Barbara Sukowa) und Jas…
Man muss dankbar sein. "Nacht ohne Morgen" ist ein Fernsehfilm, bei dem man
ziemlich bald merkt, hier kann man sich entspannen, muss sich nicht ständig
ärgern. Darüber etwa, dass die Macher ihr eigenes Medium nicht kapieren,
die Fassung für Sehbehinderte im zweiten Tonkanal regelmäßig überflüssig
machen, weil sie notorisch zu viel und alles doppelt sagen, in Bildern und
in Dialogen.
Dieser Film von Autor Karl-Heinz Käfer ("Mein Vater") und Regisseur Andreas
Kleinert ("Freischwimmer", "Mein Vater") funktioniert anders, er ist so
ungewohnt: präzise. Inszeniert und gespielt.
Da ist also dieses Ehepaar Dänert, dargestellt von "Schimanski" Götz George
und Barbara Sukowa - der Mimin aus dem Fassbinder-Ensemble, die ihr Domizil
in New York hat und sich ihre wenigen Rollen gut auszusuchen scheint. Beide
Dänerts sind Juristen, sie Scheidungsanwältin, er Exstaatsanwalt, sie
logieren in einer großbürgerlichen Villa.
Ähnlich lässig wie zuletzt Dominik Graf in seinem Beitrag zur
"Dreileben"-Trilogie skizziert nun Andreas Kleinert am vermeintlichen Rande
einer Krimihandlung das Psychogramm einer Paarbeziehung. Zeigt, wie viel
ein guter Filmemacher in wenigen Bildern, in wenigen Szenen zu sagen
vermag. Etwa, wenn Jasper Dänert nach Hause kommt, den an der Straße
geparkten Mini registriert, die Hausschlüssel wieder einsteckt, klingelt,
sagt, er habe die Schlüssel vergessen.
## Ein eher handlungsarmer Plot
Er wollte sich und seiner Gattin einen Gefallen tun, sie nicht etwa in
flagranti ertappen mit dem Liebhaber, seinem guten Freund (Jeroen Willems).
Ob er nur deshalb so generös ist, weil er bald sterben wird? Der Zuschauer
erfährt das so nach und nach - wenn die Krankheit endlich benannt wird,
wird schon mehr als die Hälfte des Films vorbei sein. Auch so lässt sich
für Spannung sorgen, in einem an sich eher handlungsarmen Plot.
Dieser Plot lässt den Exstaatsanwalt aus Berlin eine kleine
Polizeimeisterin irgendwo in der betont trist gefilmten brandenburgischen
Provinz aufsuchen: "Im Sommer 92 wurde ein etwa sechzehnjähriger Junge tot
im Wald gefunden. Seine Leiche war stark verwest. Er war von einem Auto
angefahren worden. Jemand hatte die Leiche im Wald abgelegt."
Warum wendet Dänert seine knapp bemessene Restlebenszeit für den alten Fall
auf, warum ist er so unbedingt auf die Hilfe der unbedarften, unbefangenen
Jungpolizistin angewiesen? Die ist übrigens Fritzi Haberlandt geradezu auf
den Leib geschrieben, solche weltfremden, spröden Frauenfiguren kann sie
gut.
Zwischendurch unvermittelt sagen: "Wenn ich tot bin, will ich verbrannt
werden." Oder zu Dänert: "Färben Sie eigentlich Ihre Haare?" Offenbar
seltenen Gästen serviert sie in ihrem Haus das dampfende Abendessen als
Fertiggericht in der Aluverpackung. Sie lebt in einer anderen Welt, auf
einem anderen Planeten als das Juristenpaar, die Dänerts.
Schließlich feiert Katharina Dänert eine große Geburtstagsparty, sie wird
tanzen, sehr ausgelassen. "Was fängst du eigentlich mit deiner Freiheit
an?", will eine Bekannte von Jasper Dänert wissen.
"Ich mache das, was ich schon immer machen wollte."
"Lass mich raten: Du schreibst deine Memoiren?"
"Ja. So was Ähnliches."
Wieder so eine Andeutung. Am Ende erinnert seine Suche ein bisschen an die
des Privatdetektivs Harry Angel in dem Achtziger-Jahre-Thriller "Angel
Heart".
Wer sich die Pointe des Films bis zum Schluss aufheben will, sollte über
diesen Hinweis nun aber nicht allzu intensiv nachgrübeln.
30 Nov 2011
## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
Götz George
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