| # taz.de -- Krimi des Stern-Reporters Metzner: Die grüne Gefahr | |
| > In Wolfgang Metzners Roman überzieht eine "Grüne Armee Fraktion" die | |
| > Republik mit Anschlägen. Doch dem Buch fehlt es an Komplexität und wird | |
| > zum Lifestyle-Thriller. | |
| Bild: Im Ziel der "Grünen Armee Fraktion": Atomkraftwerke und ihre Mitarbeiter. | |
| The times, they are changing", wird in diesem Buch nicht ganz korrekt Bob | |
| Dylan zitiert. In der Tat, alles ändert sich, doch manches wiederholt sich | |
| auch, und schon gar nicht wird alles immer besser. | |
| Der Stern-Reporter Wolfgang Metzner hat eine Art Krimi geschrieben, in dem | |
| er eine gesellschaftliche Tendenz aufgreift und fortschreibt, die noch in | |
| ihren Anfängen steht und sich potenziell in verschiedene Richtungen | |
| weiterentwickeln kann. Man könnte sie den Grünradikalismus nennen. | |
| Zu einer Zeit, da grünes Denken zunehmend zum Mainstream wird, ohne dass | |
| sich an der Lebensweise der großen Mehrheit etwas Grundlegendes ändert, | |
| werden sehr verschiedene gesellschaftliche Gegenkräfte auf den Plan | |
| gerufen. Zum einen jene Seite, die grundsätzlich dazu tendiert, die | |
| Gefahren neuer Technologien zugunsten ihres wirtschaftlichen Potenzials zu | |
| verharmlosen, zum anderen eine neue radikale Bewegung, die den grünen | |
| Mainstream herausfordert und sich in ihren Aktionen gegen | |
| Genmais-Versuchsfelder oder Atomtransporte am Rande oder jenseits der | |
| Legalitätsgrenze bewegt. | |
| Metzner spinnt das Radikalitätspotenzial solcher Aktionen ein großes Stück | |
| weiter. "Grüne Armee Fraktion" nennt sich eine geheimnisvolle Gruppe, die | |
| in seinem Roman ihr Unwesen treibt. | |
| Er beginnt, ganz genrenah und sehr dramatisch, mit einer Szene aus der | |
| Perspektive des ersten Mordopfers, eines Atomingenieurs, der in einer | |
| atomaren Versuchsanlage arbeitet und nach der Arbeit auf dem Gelände joggen | |
| geht. Der Mann wird seinen Feierabendsport nicht überleben. Ein | |
| Bekennerschreiben erreicht Polizei und Presse: die "Grüne Armee Fraktion" | |
| übernimmt die Verantwortung für den Mord. | |
| Jonas Mondrian, Reporter beim "magazine", hat von seiner Redaktion kaum den | |
| Auftrag erhalten, zu dem Fall zu recherchieren, als schon ein neuer | |
| Anschlag geschieht: Ein ICE ist in einem Tunnel zum Entgleisen gebracht | |
| worden, es gibt sechzig Tote. Wieder bekennt sich dieselbe Gruppe zu der | |
| Tat, und Mondrian beginnt nach einem gezielten Hinweis eines | |
| Geheimdienstmitarbeiters im Hamburger Schanzenviertel zu recherchieren. | |
| Dort, cherchez la femme, findet er die Anführerin einer Gemeinschaft | |
| ansonsten recht planloser Ökoradikalinskis vor, die alsbald beginnt, den | |
| Reporter politisch und erotisch zu umgarnen. Aber ist die schöne Ricarda | |
| wirklich nur eine zwar militante, im Grunde aber harmlose | |
| Genkartoffel-Ausreißerin oder vielmehr die eiskalte Anführerin einer Zelle | |
| skrupelloser Ökoterroristen? | |
| Leider läuft Metzners Roman letztlich sehr auf diese reichlich | |
| privatistische Frage zu. Er verlässt sich zu sehr auf seine schlagende | |
| Grundidee. Das aktuelle Potenzial, das in dem Szenario eines gewaltbereiten | |
| Ökoradikalentums steckt, Analogien zur RAF, Verschwörungstheorien in Bezug | |
| auf die Rolle des Staates, die Rolle der Medien beim Aufbau eines | |
| gesellschaftlichen Feindbildes - das alles sind hochkomplexe Fragen, die zu | |
| einem spannungsreichen Gesellschaftspanorama hätten verwoben werden können. | |
| Doch bedürfte es dazu auch einer gewissen Komplexität oder zumindest | |
| Entschiedenheit in der Form. Metzners Roman jedoch beginnt lediglich wie | |
| ein Krimi, um gleich darauf zum Lifestyle-Thriller zu degenerieren, in dem | |
| die Ereignisse sich jagen und die zahlreichen Toten wie bloße | |
| Kollateralschäden der Handlung behandelt werden. Zugegeben, die finale | |
| Volte ist schön ausgedacht. Doch gerade im Kriminalroman ist immer auch der | |
| Weg das Ziel. | |
| Wolfgang Metzner: "Grüne Armee Fraktion". Emons Verlag, Köln 2011, 270 | |
| Seiten, 10,90 Euro | |
| 3 Dec 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Granzin | |
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