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# taz.de -- Video der Woche: Hasstiraden auf Schwarze
> Ein Britin rastet in einem Zug völlig aus und beschimpft heftig Schwarze.
> Dabei wurde sie per Handy gefilmt. Das Video hat eine Rassismus-Debatte
> im Königreich ausgelöst.
Bild: Rastet in einem Londoner Zug aus und beschimpft Schwarze: Emma West.
"Die Frau ist meine Heldin – Sieg für den KKK (Ku Klux Klan) und die BNP
(British National Party)!", schreibt ein You-Tube-Nutzer mit dem Namen
"JokkeDaems" – nur einer von Hunderten von Kommentaren – über ein mit einer
Handy-Kamera aufgenommenes You-Tube-Video, das seit wenigen Tagen von mehr
als zehn Millionen Menschen weltweit gesehen wurde.
Der zwei Minuten und 26 Sekunden lange Film, betitelt mit "My Tram
Experience", zeigt die 34-jährige Britin Emma West aus New Addington,
London, mit ihrem etwa zweijährigen Sohn auf den Knien, wie sie die
Fahrgäste eines gut gefüllten Zugs vom englischen Croydon in die
Tennis-Stadt Wimbledon auf übelste Weise rassistisch beschimpft.
Tenor der Hasstirade ist die Beschwerde, dass ihr Heimatland Großbritannien
von Immigranten überschwemmt würde und dort keine (weißen) Briten mehr
lebten. Originalton West: "Was ist nur aus diesem Land geworden … lauter
Schwarze und lauter Scheiß-Polen?" Kurze Zeit danach schreit sie einige
Schwarze an, die sich im Zugabteil befinden: "Du bist nicht Englisch. Du
bist auch nicht Englisch. Keiner von euch ist Scheiß-Englisch. Geht dahin
zurück, wo ihr herkommt … geht zurück nach Scheiß-Nigrafika."
Nachdem West von einer Schwarzen angesprochen wird, erwidert sie: "Du bist
keine Scheiß-Engländerin. Verpiss dich. Du bist nicht Englisch, du bist
schwarz." Und dann kurze Zeit später schreit sie auch die anderen Fahrgäste
an: "Schaut euch nur das ganze Scheiß-Abteil an … nur Schwarze und
scheiß-braune Leute."
Am Montag vergangener Woche wurde West von der britischen Polizei wegen des
Verdachts auf eine Straftat mit rassistischem Motiv verhaftet und erschien
am nächsten Tag vor dem Amtsgericht des Londoner Stadtteils Croydon. Am 6.
Dezember soll West erneut dem Richter vorgeführt werden.
Wie zu erwarten, löste das Video in Großbritannien eine heftige Debatte zum
Thema Rassismus aus. Zahlreiche Blogger, Journalisten und Politiker
artikulierten ihr Missfallen an dem Wutausbruch und stellten die Frage:
Sind wir Briten rassistisch?
Eine prekäre Frage, denn immerhin rühmt sich Großbritannien damit, eine Art
Musterland der Toleranz zu sein und seit jeher dem Rassismus die Stirn
geboten zu haben: Erst durch die Abschaffung des Sklavenhandels 1833 per
Gesetz und erst recht im Kampf gegen den europäischen Faschismus.
Deswegen ist es besonders peinlich, wenn im Internet Videos erscheinen, in
denen rassistische, weiße Briten öffentlich die Angehörigen von ethnischen
Minoritäten beschimpfen.
## Lieber öffentlich zurückschimpfen
Der indischstämmige Journalist Sunny Hundal spricht sich im britischen
Guardian trotzdem ausdrücklich gegen eine Verhaftung Emma Wests aus, die ja
niemanden tätlich angegriffen habe. Außerdem würde in seinen Augen die
Anti-Rassismus-Gesetzgebung nur von ethnischen Minderheiten benutzt, um die
Angehörigen anderer ethnischer Minderheiten wegen angeblichem Rassenhass
mundtot zu machen. Eine öffentliche Verunglimpfung von Rassisten sei laut
Hundal viel effektiver.
In britischen Journalistenforen kursiert derzeit die Vermutung, dass die
junge Mutter psychisch krank sei, und es wird diskutiert, ob sie nur zum
Teil für ihr Benehmen selbst verwantwortlich sei. In den Medien wurde
dieses Gerücht bislang aber nicht thematisiert.
Aber: Auch Menschen mit psychischen Problemen haben eine Meinung, die
entgegen dem allgemeinen Volksglauben nicht unbedingt dem Geist der
Verwirrung entsprungen sein muss. Bestes Indiz dafür sind die 25.000
Menschen, die bisher auf YouTube öffentlich bekannten, dass ihnen das
Emma-West-Video gefällt – die Britin mag vielleicht psychisch krank sein,
aber sie steht mit ihrer Meinung nicht allein da. Denn es gibt sie, die
weißen, britischen Rassisten, wie die Popularität des BNP-Chefs Nick
Griffin und seiner Partei der British National Party in bestimmten Kreisen
zeigt.
Fakt ist, dass auf YouTube inzwischen diverse Videos aufgetaucht sind, die
weiße Briten zeigen, wie sie auf äußerst aggressive Weise andere Fahrgäste
rassistisch beschimpfen. Und obwohl diese Übeltäter oft betrunken sind,
kann man sich mit Recht die Frage stellen ob "In vino veritas" das immer
alles entschulden kann.
4 Dec 2011
## AUTOREN
Frank Heinz Diebel
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