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# taz.de -- Wolfsburg schwächelt zu Hause: Die Charakterdiskussion geht weiter
> Nach dem 2:2 gegen Mainz 05 ist Wolfsburgs Boss Felix Magath weiter auf
> der Suche nach Ursachen und Schuldigen für das Elend seiner
> Bundesliga-Kicker.
Bild: Feine Kerle, so lange sie führen: Dejagah, Madlung und Mandzukic.
WOLFSBURG taz | Es gehört zu den Ritualen des Fußballs, dass nach einem
Remis mit verteilten Halbzeiten die einen hadern, dass sie in der zweiten
Hälfte nicht gespielt haben wie in der ersten. Und die anderen andersherum.
Am Ende sagen beide Seiten, dass die schwache Halbzeit nie mehr vorkommen
dürfe und man künftig die starke Halbzeit auf 90 Minuten ausdehnen wolle.
Wozu es aber in der Regel nicht kommt.
Was das 2:2 zwischen dem VfL Wolfsburg und Tabellennachbar Mainz 05 angeht,
so legten die Wölfe nach Eigeneinschätzung vor dem Wechsel mit die stärkste
Hälfte der Saison hin und führten 2:0 durch Mandzukic (10.) und einen
Treffer, bei dem die DFL noch entscheiden muss, ob er von Madlung war oder
ein Eigentor von Kirchhoff (41.). Jedenfalls hatte die Mainzer Verteidigung
den Wölfen das Tor geschenkt und damit die eigene Konterfußballstrategie ad
absurdum geführt. Wolfsburg stand danach tief und sah stabil aus, aber eben
auch, weil Mainz mit seinem Ballbesitz nichts einfiel.
Nach dem Wechsel spielte Mainz dann langsam wie Mainz: taktisch ordentlich
und präzise, aggressiv, mutig, hoch verteidigend - und fand so zweimal die
Schnittstellen in der VfL-Abwehr. Beim 2:1 foulte Benaglio den allein auf
ihn zueilenden Ivanschitz - und der revanchierte sich mit einem
Strafstoß-Tor (70). Beim 2:2 liefen die Wölfe in einen tödlichen Pass
Baumgartlingers, Choupo-Moting traf zum 2:2 (81.).
Nachher wollte mancher tiefenpsychologisch ausloten, inwiefern das seltsame
3:4 das Vorjahres eine Rolle gespielt haben könnte, als der VfL sogar eine
3:0-Führung verspielt hatte. Na ja, der Mainzer Trainer Thomas Tuchel hatte
seine Profis in der Halbzeit schon daran erinnert. Vor allem aber coachte
er aktiv und situativ und erinnerte seine Leute erfolgreich daran, wie
Mainzer Fußball geht.
Genau das ist bei Wolfsburg immer noch die spannende Frage: Was macht den
VfL-Fußball aus - und erfolgreich? Der Fokus liegt dank Trainer Felix
Magath zumindest in dieser Beziehung erfolgreicher Arbeit weiterhin auf der
Charakterdiskussion. Es geht dabei nicht um seinen Charakter, sondern um
den vermeintlich problematischen der Spieler. Inzwischen fürchtet Magath
gar, der Standort Wolfsburg erschwere es, dauerhaft leistungsbereite Profis
zu haben. Und sowas in der Stadt, die VW groß gemacht hat, beziehungsweise
andersherum! Und zwar mit "harter Arbeit", wie der scheidende
Oberbürgermeister Rolf Schnellecke sagt.
Vielleicht ist es probater, das Problem als fußballerisches zu begreifen
und auf dem Platz zu lösen. Dort besteht es für Hasan Salihamidzic in der
Beantwortung der Frage: "Wie ist es möglich, solche Tore zu bekommen?"
Warum hält man eine Stunde die perfekte Ordnung und "dann ist mit einem
Pass alles offen"? Tja, warum? "Ich weiß es auch nicht", sagt der
weitgereiste Profi. Er spricht auch mit Magath darüber, wenn der seine
Spieler nicht gerade anschweigt, wie in der vergangenen Woche.
Aber auch Magath rätselte zumindest am Samstagabend noch. Was zu sehen war:
Salihamidzic selbst gab dem sehr tief angelegten Wolfsburger Spiel lange
Stabilität, war ein effektiver Herr der kleinen Bälle, baute aber mit
zunehmender Spieldauer ab, wie auch andere richtig hart arbeitende
Kollegen. Als Mainz immer stärker presste, hatte der VfL laut Magath
"Angst"; vor allem aber auch taktisch keine Antwort mehr.
Dachte man im Vorjahr, man habe es mit einer verkorksten Saison zu tun,
sieht es nun nicht besser aus. 17 Punkte nach 15 Spielen - das ist mager.
Zu Hause hatte man zuletzt immerhin einige positive Ergebnisse abgeliefert.
Aber am Samstag sah die VW-Arena bei offiziell 24.000 Zuschauern fast halb
leer aus, was an der mangelnden Zugkraft von Mainz liegen mag, aber wohl
auch an der Gesamtlage. Es gibt keine Aufbruchstimmung und die Hoffnung auf
guten Fußball scheint eher gering zu sein. Es wird interessant sein zu
sehen, ob es Magath in dieser Situation vorwärts bringt, die Spieler, die
er selbst im Dutzend eingekauft hat, als Fußballsöldner zu stigmatisieren -
und als Lösung noch weitere neue zu holen.
Braucht Wolfsburg neue Spieler? Salihamidzic verzog das Gesicht, als habe
er einen Grashüpfer verschluckt. "Fragen Sie mich doch sowas nicht", sagte
er, gab aber zu: "So langsam bin ich mit meinem Latein am Ende." Für Felix
Magath gilt das selbstverständlich nicht, sondern bis auf weiteres nur:
Veni, vidi, non vici.
4 Dec 2011
## AUTOREN
Peter Unfried
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