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# taz.de -- Biografie zu Washington und Friedrich II: Zwei aufgeklärte Herrsch…
> Der eine war Republikaner, der andere absolutistisch herrschender König:
> Eine Doppelbiografie sucht Parallelen im Leben von George Washington und
> Friedrich "dem Großen".
Bild: Statue von Friedrich dem II. Mit George Washington verbindet ihn der Geis…
Was haben so unterschiedliche Menschen wie George Washington und Friedrich
II. von Preußen gemein? Der eine war der 1732 geborene Sohn eines
Tabakpflanzers in der britischen Kolonie Virginia. Dem anderen war seit
seiner Geburt 1712 vorgegeben, einmal König eines aufsteigenden Reichs zu
werden.
Washington war überzeugter Republikaner und wehrte deshalb Bestrebungen ab,
ihn zum König der jungen Vereinigten Staaten zu erklären. Friedrich fand
den Gedanken natürlich, dass er allein wisse, was das Beste für seine
Untertanen sei. Und doch, schreibt der Historiker Jürgen Overhoff, haben
die beiden Charaktere viel gemein. Das Schlüsselwort lautet: Aufklärung.
Friedrich wie Washington wähnten sich in der Tradition dieser großen
geistesgeschichtlichen Entwicklung. Freie Wissenschaften, religiöse
Toleranz und Einverständnis von Herrschenden und Beherrschten - dies sollte
der Menschheit endlich das Leben leichter und reicher machen.
Der englische Staatstheoretiker Thomas Hobbes fachte 1642 die Debatte über
die richtige Gesellschaftsordnung mit seiner Schrift "De Cive" an: Die
Menschen könnten sich zwischen zwei Staatsformen entscheiden: Bei der einen
"setzen die Bürger durch ihren Willen" eine "höchste Gewalt" über sich. Bei
der anderen "erwirbt der Herr die Bürger durch seinen Willen". Washington
und die amerikanischen Siedler folgten der ersten Variante, der
autokratische Herrscher Friedrich der zweiten.
Die Beschreibungen dieser "zwei Wege der Aufklärung" zählen zu den besten
Passagen den Buchs. Das bedeutet aber auch: Für seine ungewöhnliche
Doppelbiografie muss Overhoff ein Jahrhundert zurückgreifen. So was kostet
Platz. Bevor Friedrich, der deutlich ältere der beiden Protagonisten, 1740
den brandenburgisch-preußischen Thron besteigen darf, ist fast die Hälfte
des Buchs erreicht.
Auf dem Weg erfährt der Leser viel über den Einfluss demokratischer Ideen
auf die Gründung der englischen Kolonie Pennsylvania. 1701, als sich der
brandenburgische Markgraf selbst zum König in Preußen krönte, gedieh in
Nordamerika eine Keimzelle der späteren amerikanischen
Unabhängigkeitsbewegung.
## Die gestelzte Sprache nervt
Das ist lehrreich und zeigt, wie sehr bereits damals amerikanische und
europäische Öffentlichkeit einander beobachteten. Wenn aber der
Friedrich-Experte Overhoff ins Lebensweltliche schwenkt, gerät seine
Wortwahl immer wieder extrem gestelzt:
"In ihre silbergrauen Windhunde, deren ästhetische Anmut, drollige
Fröhlichkeit und rasante Bewegungskunst sie bewunderten, waren Washington
und Friedrich geradezu vernarrt." So oft ist von "erquickenden Reisen" des
Königs die Rede oder von "mannhaften Entscheidungen" des amerikanischen
Militärs, dass man das Buch entnervt zur Seite legen möchte.
Wirklich problematisch wird die Sache aber durch Overhoffs ausbleibendes
Urteil über den bis heute umstrittenen Preußen-König. Warum fehlt der
kritische Umgang mit dem doppelten Maß, das Friedrich bei sich selbst
anlegte? Stattdessen lobt der Autor, wie so viele andere Biographen,
Friedrichs Reformen, etwa die Abschaffung der Folter in Strafsachen.
Dabei erwähnt er zwar, dass diese Order nicht öffentlich gemacht, sondern
nur dem Justizminister mitgeteilt wurde. Aber Overhoff schweigt darüber,
dass weiterhin Gefangene geprügelt wurden, ohne dass die Ahnungslosen
Einspruch hätten einlegen können, wie er auch Washington als Sklavenhalter
nicht weiter thematisiert.
Und warum nimmt der Autor keinen Anstoß am prägendsten Zug des preußischen
Staatswesens: an der überdurchschnittlich großen, mit extremen Druck
zusammengehaltenen Armee? Der militärische Zwang prägte die Mentalität von
Friedrichs Untertanen weit stärker als dessen Akademiegründungen oder
Parkeröffnungen.
So bleibt das Fazit Washingtons gültig, der nach der Nachricht von
Friedrichs Tod 1786 schrieb: Zwar gebe es kaum einen Zeitgenossen, der den
König "als Soldaten und als Politiker" überragt habe. Aber dieser
"großartige Charakter" habe einen "Schandfleck" gehabt: Als unumschränkt
herrschender Monarch habe er keine parlamentarische Mitsprache in seinen
Landen befördert und stattdessen "über Millionen Menschen als Tyrann
geherrscht". Wo Washington deutlich wurde, bleibt dieses Buch vage.
9 Dec 2011
## AUTOREN
Matthias Lohre
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