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# taz.de -- Offener Brief an die BVG: Und dafür soll ich zahlen?
> Es stimmt ja, die BVG kutschiert uns Tag und Nacht durch die Stadt.
> Meistens kommt man auch an. Aber wann? Und mit welcher Laune? Brandbrief
> eines Entnervten
Bild: Schön, wenn mal einer kommt: Bus der BVG
Liebe BVG,
so geht es nicht weiter mit uns. Wir müssen reden. Komm, verdreh nicht
gleich die Augen! Es geht ums Eingemachte: um verspieltes Vertrauen. Du
willst mein Geld. Und ich weiß längst nicht mehr, womit du es dir verdient
hast.
Deine Busfahrer ignorieren, deine Anzeigetafeln verspotten mich. Ich bin
immer öfter unpünktlich - und du bist schuld! Warum also zahlen? Sicher,
ich nehme deine Leistung in Anspruch, von A nach B zu kommen. Es ist aber
praktisch ausgeschlossen, dass dir das in der Zeit gelingt, die du in
aberwitziger Selbstüberschätzung veranschlagst.
Das kann daran liegen, dass mir deine Fahrer vor der Nase wegfahren. Diese
Ignoranten! Entschuldige, ich will nicht unsachlich werden. Lass es mich so
umschreiben: Mir scheint, als sei gehässige Impertinenz eine
Einstellungsbedingung für den Job als BVG-Fahrer.
Sollten die vor dem Losfahren nicht mal einen Blick in den rechten
Außenspiegel werfen? Nach heraneilenden Fahrgästen schauen? Was, liebe BVG,
geht vor in Fahrern, die just die Türen geschlossen haben und nun, eine
Sekunde später, so tun, als hörten sie mein Klopfen nicht? Ist es
Bequemlichkeit oder dieser seltene Moment der Macht?
Auch die Kommunikation liegt in Trümmern. Letzte Woche, da fährt der voll
besetzte Bus einfach nicht weiter. Keiner weiß, warum. Türen auf, Türen zu.
Motor an, Motor aus. So geht das minutenlang, während andere Busse mit
schadenfrohen Gesichtern hinter den Scheiben an uns vorbeiziehen.
Irgendwann bleibt der Motor aus, wir strömen raus. "Scheiße ist das!",
motzt eine Frau den Fahrer an. Der raunzt zurück: "Kann ich nix für, Tür is
kaputt." Darauf die Frau: "Das Mikro auch?"
Einzelfall? Ausnahme? Mitnichten! Gerne würde ich dir einfach mal aus dem
Weg gehen, es mit einer anderen versuchen. Aber du warst clever und hast
dir ein Monopol gesichert. Monopolisten müssen nicht pünktlich kommen.
Monopolisten können machen, was sie wollen. Am Alex etwa kündigt die
Anzeigetafel die Ankunft vom 100er an. Sie blinkt, blinkt, blinkt - bis da
steht: "Abfahrt verspätet". Hallo? Der Bus fährt keine hundert Meter
entfernt los, den konnte man sogar schon sehen. Am Verkehr kanns nicht
gelegen haben. Woran dann? Ich weiß es nicht. Du sagst ja nichts.
Überhaupt, deine Anzeigen! Steht da, die M 4 kommt in neun Minuten. Es ist
kalt, das Ziel zwei Tramstationen entfernt. Also zu Fuß los, voll bepackt
mit Einkaufstüten. Nach zwei Minuten überholt mich das verfluchte Ding. Mal
im Ernst: Wir fliegen bald zum Mars und du kriegst es nicht geschissen,
deine popeligen Anzeigetafeln am Laufen zu halten!? Nein, dafür
entschuldige ich mich nicht. Du bist dran!
Diesen ganzen Ärger, den bezahle ich dir teuer. Du kennst die Preise, du
erhöhst sie ja regelmäßig. Erzähl mir jetzt nichts vom kostenintensiven
Service und Fuhrpark. Und komm mir nicht mit den Schwarzfahrern, die für
andere Fahrgäste die Tarife hochtreiben. Das hier ist eine Sache zwischen
dir und mir. Im Restaurant zahle ich auch nicht für das Essen der anderen.
Aber ich gebe Trinkgeld bei gutem Service.
Vom Trinkgeld kannst du weiterträumen. Wie gesagt: Ich frage mich, wofür
ich dir überhaupt mein Geld gebe. Für den Spaß am Glücksspiel? Wenn du
deinen Fahrern von der Kohle wenigstens eine ordentliche Fahrschule
finanzieren würdest. Wie hoch ist eigentlich dein jährlicher Posten für
Schmerzensgeld, das du Fahrgästen für die Prellungen und Knochenbrüche
schuldig bist, die sie durch den Fahrstil deiner Chauffeure erleiden?
Reicht da eigentlich ein Attest mit Kontonummer? Und falls du mit
Sachwerten entschädigst: alles, nur bitte keine Fahrkarte.
8 Dec 2011
## AUTOREN
Torsten Landsberg
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