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# taz.de -- Gefährliche Adventszeit: Das Fest der bösen Geschenke
> K.-o.-Tropfen-Tricks in Berlin, Aussaufen im Münchner Nahverkehr.
> Verträgt unsere Gesellschaft den Weihnachtsterror nicht mehr? Eine
> Polemik.
Bild: Nikoläuse – Opfer oder Täter? Reintrinken oder reinfallen?
Vor genau einem Jahr war es, da wurde davor gewarnt, dass in Deutschland
Terroranschläge unmittelbar bevorstünden. Vor allem Weihnachtsmärkte, so
die Behörden damals, könnten betroffen sein.
Alles leere Versprechungen. Zumindest, soweit man das überhaupt beurteilen
kann. Denn der typische Weihnachtsmarkt sieht per se schon so aus, als habe
ein verheerendes Attentat längst stattgefunden. Dieses Jahr nun aber wird
ernst gemacht.
Ein freundlich wirkender Mann eilt über Berliner Weihnachtsmärkte und gibt
Schnapsfläschchen aus. "Kleiner Feigling" soll er im Sortiment geführt
haben, und als wäre das nicht bereits terroristisch genug, hat er auch noch
K.-o.-Tropfen untergemischt, sodass die Opfer ziel- und orientierungslos
über den Markt torkelten.
## Sex-Droge
Erstaunlich, dass das überhaupt aufgefallen ist; weniger, dass die Berliner
Polizei die ersten Fälle nicht ernst nahm, sondern auf das typische
Freizeitverhalten von Betriebsausflüglern tippte. In einer neuerlichen
Eskalation stapfte nun ein Weihnachtsmann umher und verteilte die
"Sex-Droge" (Bild).
"Nimm nichts von fremden Männern!", predigen die Eltern seit je ihren
Kindern, nur um denselben gegenüber anschließend darauf zu bestehen, nicht
sie, sondern ein seltsamer bärtiger Typ mit zweifelhaften
Kleidungsgewohnheiten habe all die schönen Geschenke gebracht. Nun rächt
sich diese pädagogische Inkongruenz.
Dabei war es wiederum vor einem Jahr, dass der damalige Berliner
Innensenator Körting die prophetische Warnung aussprach: "Die Bevölkerung
sollte alle seltsam aussehenden Menschen oder alle, die sich ungewöhnlich
benehmen, den Sicherheitsbehörden melden, vor allem, wenn sie eine Sprache
sprechen, die wir nicht verstehen."
Seltsam aussehende Menschen, die sich ungewöhnlich benehmen und
unverständlich daherreden - das Elend der deutschen Weihnachtsmärkte hätte
längst durch die Sicherheitsbehörden beseitigt werden können.
Die Chance wurde vergeben. Aber eine Möglichkeit gibt es noch: Hamburg und
jetzt München haben die Richtung aufgezeigt und den Alkoholkonsum im
öffentlichen Nahverkehr verboten. Denn Unbeteiligte fühlten sich gestört,
so die Verantwortlichen in München, wenn der Sitzplatznachbar ungehemmt
pichele.
## Glühwein-Verbot
Zumal er dabei oft ja auch dummes Zeug erzählt. Und unter Alkoholeinfluss
komme es regelmäßig zu Vandalismus, was die Münchener Jugend auch gleich
mit einem großen "Abschiedstrinken" am Wochenende eindrucksvoll bestätigte,
bei dem sie 50 S-Bahn-Wagen in Schutt und Asche legte. Beide Argumente
gelten aber eins zu eins auch für jeden Weihnachtsmarkt.
Also: Ein landesweites Verbot von Glühwein, Kleiner Feigling & Co. auf
solchen Veranstaltungen, und das K.-o-Tropfen-Problem hätte sich rasch
erledigt. Und das ästhetische Problem von Weihnachtsmärkten an sich gleich
mit - denn wer könnte diese schon ertragen, ohne sich dabei ordentlich die
Kante zu geben.
12 Dec 2011
## AUTOREN
Heiko Werning
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